# taz.de -- Kommentar Gorleben: Wenn das Netz für Vernunft sorgt | |
> Das Netz bringt Röttgen in Zugzwang: Dort kann jeder Bürger nachlesen, | |
> wie Gorleben in kurzer zeit und ohne wissenschaftlichen Vergleich zum | |
> Endlager-Standort gemacht wurde. | |
Durch die Veröffentlichung vieler bisher vertraulicher Dokumente über | |
Gorleben bekommt Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) ein massives | |
Problem. Bisher war es seine Strategie, jede Kritik am geplanten | |
Endlager-Standort als ideologisch und verantwortungslos darzustellen. | |
Das wird kaum mehr funktionieren, [1][wenn jeder im Internet nachlesen | |
kann], wie Gorleben nachträglich auf eine Liste gehoben und dann ohne echte | |
Untersuchung innerhalb weniger Wochen zum besten Standort erklärt wurde. | |
Oder mit eigenen Augen sieht, wie riesige Wasservorkommen plötzlich aus den | |
Unterlagen verschwanden. | |
Eigentlich sollte Röttgen klug genug sein, um die jetzt bekannt gewordenen | |
Fakten zum Anlass zu nehmen, sich von Gorleben zu verabschieden und mit der | |
Endlagersuche neu - und diesmal wirklich ergebnisoffen - zu beginnen. Doch | |
damit ist nicht zu rechnen. Denn der Minister steht unter Zugzwang: Seine | |
Partei hat sich gegenüber den Energiekonzernen auf längere Laufzeiten für | |
die Atomkraftwerke festgelegt. Damit dies nicht wegen der nach wie vor | |
ungelösten Entsorgung vor Gericht scheitert, muss er die Arbeiten in | |
Gorleben wieder aufnehmen, um zumindest den Eindruck zu erwecken, dass an | |
der Lösung der Endlager-Frage ernsthaft gearbeitet wird. | |
Wenn die Regierung nicht zur Vernunft kommt, liegt die Hoffnung zum einen | |
bei der Justiz: Ein Endlager, das ohne wissenschaftlichen | |
Standort-Vergleich nach rein politischen Kriterien durchgedrückt wird, | |
dürfte vor Gericht keinen Bestand haben. Denn damit dürfte der Staat gegen | |
seine Pflicht zur bestmöglichen Gefahrenabwehr verstoßen. | |
Doch allein auf die Gerichte muss sich niemand verlassen. Bei der geplanten | |
Laufzeitverlängerung liegt die Hoffnung zudem bei den aufgeklärten | |
BürgerInnen: Da dafür die Zustimmung des Bundesrats notwendig ist, kann | |
schon der Ausgang der Wahl in Nordrhein-Westfalen diese unsinnigen Pläne | |
ein für alle Mal beerdigen. | |
Und die Anti-Atom-Bewegung will mit ihren bundesweiten Aktionen am 24. | |
April beweisen, wie richtig Röttgen mit seiner Analyse liegt, dass es nach | |
wie vor keine gesellschaftliche Akzeptanz für Atomkraft gibt. Nur wenn | |
durch Wahlverhalten und Proteste der politische Preis weiter steigt, werden | |
sich Union und FDP von ihren Atomplänen verabschieden. | |
14 Apr 2010 | |
## LINKS | |
[1] http://www.gorleben-akten.de/ | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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