# taz.de -- Gorleben-Untersuchungsausschuss: Ein Fall für das Gericht | |
> Die Opposition hofft, dass der Untersuchungsausschuss im Bundestag die | |
> Öffentlichkeit für das Atommüll-Lager Gorleben neu sensibilisiert. Und | |
> denkt über eine Strafanzeige nach. | |
Bild: Seit Jahrzehnten gibt es Proteste gegen Gorleben als Lager für Atommüll. | |
BERLIN taz | Geschönte Akten und Parteipolitik statt Atomphysik - davon | |
reden nicht nur Umweltschützer von Greenpeace, sondern auch Politiker von | |
SPD, Grünen und Linken. Sie wollen die Ungereimtheiten bei der Wahl des | |
niedersächsischen Salzstocks als Ort für den über 1.000.000 Jahre | |
strahlenden Müll aus Atommeilern in einem Untersuchungsausschuss des | |
Bundestages aufklären. Nächste Woche tagt er zum ersten Mal. Der Ausschuss | |
soll mehr sein als bloße Vergangenheitsbewältigung, meinen die | |
Oppositionsleute, die im Ausschuss sitzen. | |
"Gorleben hat sich erledigt, wenn sich herausstellt, dass bei der | |
Standortwahl von Anfang an getrickst wurde", erklärt Sylvia Kotting-Uhl von | |
den Grünen. Der Ausschuss schaffe Öffentlichkeit - "eine veränderte | |
Sensibilität" für die Probleme, die die Atomkraft macht, sagt | |
SPD-Politikerin Ute Vogt. Es sei allerdings denkbar, dass das Endlager im | |
nordöstlichen Zipfel Niedersachsens erst ein Fall fürs Gericht werden | |
müsse, bevor die schwarze-gelbe Koalition von ihm abrücke. Vogt: "Am Ende | |
muss man womöglich alle Mittel versuchen, auch juristische." Und Dorothée | |
Menzner von den Linken sagt: "Wir behalten uns eine Strafanzeige gegen die | |
Verantwortlichen vor." | |
Die zuständigen Mitglieder der Koalitionsfraktion finden das alles | |
übertrieben. Angelika Brunkhorst von der FDP etwa erwartet keine | |
"Unregelmäßigkeiten". Allen müsse klar sein, so meint sie, dass "die | |
Standards der Meinungsbildung damals anders gewesen sind - weniger | |
transparent". | |
Arbeit bedeutet der Untersuchungsausschuss in jedem Fall. 15 | |
Bundestagsabgeordnete werden voraussichtlich ab 22. April und dann jeden | |
Donnerstag während der Sitzungswochen des Parlamentes ab 9 Uhr tagen. Sie | |
werden Akten durchleuchten, die Rolle mehrerer Bundeskanzler, | |
Ministerpräsidenten und Fachminister hinterfragen, gut 30 Jahre | |
zurückgehen. | |
Der Salzstock Gorleben wird seit 1977 erkundet. Woher kam diese frühe | |
Festlegung auf Gorleben? Lag es an "politischen Vorfestlegungen, hat die | |
Atomwirtschaft "Einfluss" ausgeübt, die Regierung gegenüber der | |
Öffentlichkeit "falsche Angaben" gemacht? Der Untersuchungsausschuss soll | |
eine Liste mit 26 solcher Fragen abarbeiten. | |
Die Leitung hat die niedersächsische CDU-Politikerin Maria Flachsbarth. Der | |
Vorsitz für Untersuchungsausschüsse wird in einem rotierenden Verfahren | |
vergeben, die CDU war dran. Flachsbarth setzt sich für die weitere | |
Erforschung von Gorleben ein, sagt aber: "Ich bin so viel Demokratin und | |
Parlamentarierin, dass ich mir zutraue, die Verhandlungen fair und neutral | |
zu führen." Sie hat Zeit genug, das zu beweisen. Die meisten gehen davon | |
aus, dass der Ausschuss gut zwei Jahre braucht, bis Ergebnisse vorliegt. | |
14 Apr 2010 | |
## AUTOREN | |
Hanna Gersmann | |
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