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# taz.de -- Blogger-Treffen re:publica beendet: Weniger suchen, mehr fragen
> Die Blogger-Konferenz re:publica geht zu Ende. Kontrovers diskutierte die
> Netzcommunity die iranische "Twitter-Revolution", Bezahlinhalte und
> Privatsphäre.
Bild: Auch nach 165 Veranstaltungen zum Thema Internet und Gesellschaft bleiben…
Netzneutralität und Open Data. Vermutlich zwei Begriffe, die auch nach der
vierten re:publica bei den meisten Menschen nur Schulterzucken auslösen.
Die vierte Social-Media-Konferenz mit dem Doppelpunkt im Namen ging gestern
in Berlin zu Ende und Initiator Markus Beckedahl sieht es als zentrales
Verdienst der Konferenz, dass damit die wichtigsten Fragestellungen der
digitalen Gesellschaft in die öffentliche Diskussion Einzug halten: Der
gleichberechtigte Transport von Daten aller Art im Netz steht in
Deutschland und Europa zur Disposition, weil Betreiber von Datennetzen neue
Bezahlangebote bevorzugen wollen - die Frage der Netzneutralität.
Zudem "Open Data", dahinter steckt die Forderung, dass der Staat im Netz
für den Bürger transparenter wird - von den Terminen der nächsten
Müllabfuhr bis hin zu geheimen Verträgen bei der Lkw-Maut. Schon im
Wortsinn re:publica steckt die Idee, Öffentlichkeit mit der Hilfe des
Internets zurückzugewinnen.
Insgesamt 2.800 Blogger, Twitterer und sonstiges Netzvolk besuchten in
diesem Jahr 165 Veranstaltungen mit über 250 Referenten aus 30 Nationen.
Das WLAN war chronisch überlastet. Ein Teil der Veranstaltungen wurde live
im Internet übertragen.
Immer wieder erinnert die Konferenz daran, dass das Internet zu einem
zentralen Medium für freie Meinungsäußerung geworden ist - aber natürlich
ökonomischen Zwängen unterworfen ist. Sie war ernsthafter als im Jahr
zuvor, als man euphorisch über neue Tools zur Vitalisierung der Demokratie
war. Barack Obama war mit einer explizit aufs Netz ausgerichteten Kampagne
zum US-Präsidenten gewählt worden, man befand sich mitten im Europa- und
Bundestagswahlkampf.
In diesem Jahr hinterfragte Evgeni Morozov dagegen die These von der
"Twitter Revolution" im Iran. Autoritäre Machthaber könnten das Netz
genauso nutzen wie Bürgerrechtsaktivisten. Die Konferenz ist ernsthafter
und kontroverser geworden. So brachte ausgerechnet der Pirate-Bay-Gründer
Peter Sunde Ideen zur Vergütung für digitalen Inhalte im Netz mit, sein
Portal war jahrelang Umschlagplatz für kostenlose Musik, Videos oder
Software. Auch der niederländische Netzpionier Geert Lovink brachte unter
dem Slogan "Stop searching, start questioning" Kritik mit.
Er war Ideengeber für die "re:campaign", eine Veranstaltungsreihe speziell
gedacht für Aktivisten sozialer Bewegungen und die Frage, wie im oder mit
dem Netz politische Kampagnen organisiert werden können. "Das Web 2.0 hat
keinen Nutzen, wenn keine soziale Bewegung dahinter steckt. Es kann niemals
einen Mangel an Einsatz ersetzen", sagte Lovink. Seine Grundthese: Protest
im Netz ohne Protest auf der Straße ist wirkungslos.
Lovink vermutete mutig, der Hype um Facebook werde bald ein Ende nehmen,
weil die Nutzer langfristig ihre Daten nicht auf einer zentralisierten
Plattform im immer gleichen Design preisgeben wollen. Er wünschte sie einen
Brückenschlag zwischen sozialen Bewegungen und "Open Source" -
Programmierern, die ihre Software frei im Netz verfügbar machen. Während
immer wieder Kritik an der Datensammelwut der großen sozialen Netzwerke
oder Google zu hören ist, brach der Journalistik-Professor Jeff Jarvis eine
Lanze für "das Öffentliche".
Privatsphäre würde die Möglichkeiten, die das Netz biete, unterminieren.
Das Netz sei im Grundsatz Kommunikation - und es würden viele Möglichkeiten
verschenkt, wenn die Privatsphäre weiterhin den starken Stellenwert habe,
den sie in Deutschland aktuell hat. Er forderte eine neue Debatte über den
Wert von Öffentlichkeit im Netz. "Öffentlichkeit soll der Normalfall sein",
sagt Jarvis.
Bloggern wird regelmäßig vorgeworfen, nur über sich selbst zu reden und
harten Themen zu wenig Aufmerksamkeit zu schenken. "Wer uns jetzt noch
Selbstreferenzialität vorwirft, hat was nicht verstanden", sagte Markus
Beckedahl deshalb zum Auftakt der Konferenz. Am Ende der Konferenz hat er
damit Recht behalten.
17 Apr 2010
## AUTOREN
J. Seeliger
I. Arzt
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