# taz.de -- Gleichstellung an deutschen Unis: Exzellent mitspielen | |
> Ob per Frauenquote oder anders: Beim Panel "Kuscheln oder kapern?" auf | |
> dem tazlab waren sich alle einig, dass Frauen in der Wissenschaft | |
> gefördert werden müssen. | |
Bild: Auch ne Idee, um sich als Frau in der Wissenschaft durchzusetzen. | |
BERLIN taz | Bei der Podiumsdiskussion „Kuscheln oder kapern?“ sprach der | |
Blick ins Publikum eine deutliche Sprache: 50 Leute passen in den Raum, der | |
bis auf die letzten Plätze besetzt war – darunter waren gerade mal vier, | |
fünf Männer. Auf dem Podium war Klaus Bente vom Institut für Mineralogie | |
der Universität Leipzig der einzige Mann gegenüber drei | |
Podiumsteilnehmerinnen und einer Moderatorin. | |
Ist Gleichstellung ein „Frauenthema“? Auf solch heteronormative | |
Begrifflichkeiten würde sich Urmila Goel, Gastprofessorin für Gender | |
Studies an der HU Berlin, wahrscheinlich gar nicht erst einlassen. Und auch | |
Anke Burkhardt, stellvertetende Direktorin am Hochschulforschungszentrum | |
Halle/Wittenberg, ist der Ansicht: Gleichstellung fördert die Universitäten | |
insgesamt, nicht nur die Frauen. | |
Unterm Strich glich die Diskussion eher einer ambitionierten | |
Bestandsaufnahme als einem Ausblick in die Zukunft der Gleichstellung. | |
Nichtsdestotrotz war der Hauptaufhänger ein brandaktueller, nämlich die | |
Exzellenzinitiative und die Frage, wie dieser Impuls von außen sich auf die | |
Gleichstellung auswirkt. Sandra Smykalla, Jahrgang '71, hat 13 Jahre | |
Erfahrung mit Frauenförderung und Gleichstellung. Unter anderem war sie | |
Frauenbeauftragte der Uni Göttingen, heute leitet sie eine Beratungsfirma | |
für Gleichstellungsbeauftragte. | |
Aus ihren Beobachtungen schließt sie, dass sich das Amt zunehmend zu einer | |
Serviceleistung entwickelt habe – oder zumindest als solche wahrgenommen | |
werde. Sie befürchtet, dass die Kompetenzen der Gleichstellungsbeauftragen | |
dadurch geringgeschätzt werden, dass ihre Leistungen zunehmen rhetorisiert | |
werden. Aber ein System zu ändern, dessen Teil man ist, sieht sie als | |
Spagat, eine kaum zu bewältigende Aufgabe; ähnlich wie den Widerspruch, | |
Geschlechterkategorien zu entkräften, die für die Argumentation selbst | |
herangezogen werden müssen. | |
Frauen haben das System nicht gemacht, sagt Anke Burkhardt. Sie könnten und | |
sollten sich aber energischer durchsetzen, wenn es darum geht, es zu | |
verändern. Die Frage, ob kuscheln oder kapern angezeigt ist, beantwortet | |
sie ganz klar: kapern! In der Exzellenzinitiative sieht sie vor allem eine | |
Chance für die Gleichstellung. Das Thema wurde im Zuge der Initiative erst | |
richtig ernst genommen, sagt sie – und beobachtet eine stärkere Nachfrage | |
nach Gleichstellungsmaßnahmen, auch durch EU-Projekte. | |
Exzellenzinititiave lebt vom Mitspielen | |
Sie sieht zwar auch, dass der Wettbewerb hart ist, aber gerade | |
Gleichstellungsinitiativen voranbringt, zum Beispiel, weil bestimmte Gelder | |
für Gleichstellungszwecke geblockt sind. Urmila Goel kritisiert dagegen, | |
dass die Exzellenzinitiative vom „Mitspielen“ lebe, während kritische | |
Wissenschaften zu wenig gefördert würden. Auch Klaus Bente sieht die | |
Exzellenzinitiative durchaus kritisch, besonders im Hinblick darauf, dass | |
sich die Eliteunis so sehr auf den Westen konzentrieren. Seiner Ansicht | |
nach könnten Frauen an der Hochschule dadurch gefordert werden, dass der | |
Bologna-Prozess und die Förderprogramme reformiert werden. | |
Zum Schluss bringt Ulrike Herrmann, die eigentlich Wirtschaftsredakteurin | |
der taz ist, aber auch schon als Pressesprecherin der damaligen grünen | |
Gleichstellungssenatorin Krista Sager gearbeitet hat, ihre Sicht der Dinge | |
auf den Punkt. Ihrer Ansicht nach ist die Idee einer Quotierung immer noch | |
aktuell, egal, wie man die Sache nennt. Sie spricht sich ganz deutlich für | |
Quoten aus. Es gibt keinen hörbaren Widerspruch, weder seitens der | |
PodiantInnen noch aus dem Publikum. Überhaupt gab es wenig Dissens unter | |
den Diskutierenden. Das spricht wohl für die Gleichstellung – und damit für | |
die einhellige Meinung, dass Frauen an Hochschulen besser, nachhaltiger und | |
praktikabler gefördert werden müssen. | |
24 Apr 2010 | |
## AUTOREN | |
Jana Volkmann | |
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