# taz.de -- Parteien-Streit in NRW: "Umwelt spielt keine Rolle" | |
> Schwarz-Gelb setzt vor allem auf Autos und auf Beton, kritisiert der | |
> Verkehrswissenschaftler Iko Tönjes. In öffentlichen Verkehr investiere | |
> das Land fast nichts. | |
Bild: "Die Leute wollen Auto fahren, also ermöglichen wir es ihnen": eine Halt… | |
taz: Herr Tönjes, wie erfolgreich war die Verkehrspolitik CDU und FDP in | |
NRW? | |
Iko Tönjes: Erfolgreich aus Sicht des VCD? Da muss ich erst mal überlegen. | |
Die Landesregierung hat Struktur und Finanzierung des öffentlichen Verkehrs | |
vereinfacht. In NRW gibt es nur noch drei Zweckverbände für die Bahn statt | |
neun, die Gelder werden dezentral verwaltet. | |
Und was war schlecht? | |
Die gesamte Finanzierung des öffentlichen Verkehrs ist unsicher. Das führt | |
zu Angebotskürzungen und Sanierungsstau - auch wenn einige Bahnhöfe | |
modernisiert wurden. Beim Auto- und Luftverkehr aber setzen CDU und FDP auf | |
Wachstum, da ist Geld da. Umwelt, Klima, Luftreinhaltung spielen dagegen in | |
der Verkehrspolitik keine Rolle. | |
Nach dem Regierungswechsel 2005 verkündete der damalige | |
CDU-Verkehrsminister Oliver Wittke, jetzt sei Schluss mit der "ideologisch | |
motivierten Benachteiligung der Autofahrer". Gab es die überhaupt? | |
Nur wenn der Minister Umweltziele als Ideologie ansieht. Wittke hat wie | |
sein Nachfolger jedenfalls bei der Bahn gekürzt und beim Straßenbau Gas | |
gegeben. Aus eigenen Mitteln investiert das Land keinen einzigen Euro in | |
den öffentlichen Verkehr, sondern reicht nur Fördermittel des Bundes | |
weiter. | |
Verkehrsplaner sprechen gern von "intelligenter Mobilität". Wie intelligent | |
ist die schwarz-gelbe Verkehrspolitik? | |
CDU und FDP verstehen unter "intelligenter Mobilität" fast nur die | |
elektronische Optimierung des Autoverkehrs. Eine integrierte | |
Gesamtverkehrsplanung, die Definition ökologischer und ökonomischer Ziele | |
aber fehlt. Das ungeschriebene Motto lautet anscheinend: Die Leute wollen | |
Auto fahren, also ermöglichen wir ihnen das. Dabei führt der Ausbau von | |
Straßen nur zu noch mehr Autoverkehr - eben weil Geld für den öffentlichen | |
Verkehr fehlt und die Angebote nicht attraktiv genug sind. | |
Was sollte eine neue Regierung ändern? | |
In NRW existiert ein Masterplan Schiene. Der sieht den Ausbau von Fern- und | |
Güterverkehrsstrecken ebenso vor wie die Renovierung von weiteren 100 | |
Bahnhöfen. Und mit dem Rhein-Ruhr-Express soll eine neue, schnelle | |
Verbindung im Ballungsraum zwischen Köln und Dortmund auf eigener Trasse | |
entstehen. Bislang ist vieles davon nur Absichtserklärung - denn das kostet | |
Geld. Dabei brauchen wir mehr Pünktlichkeit, mehr Komfort, mehr Platz, wenn | |
wir mehr Leute auf die Schiene locken wollen. Und wir bräuchten für die | |
Straße integrierte regionale Verkehrspläne für Luftreinhaltung, Lärmschutz | |
und Klimaschutz. | |
Sie hoffen also auf einen Regierungswechsel? | |
CDU und FDP stehen für mehr Auto- und Luftverkehr. SPD, Grüne und Linke | |
versprechen, öffentlichen Verkehr stärker zu fördern. Die bisherige | |
Koalition ist daher die schlechteste Variante. | |
27 Apr 2010 | |
## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
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