# taz.de -- De Maizière will Internetsperren: Netzcommunity und FDP enttäuscht | |
> Der Plan von Innenminister de Maizière, Internetsperren doch noch zu | |
> ermöglichen, verärgert die Netzgemeinde - und die FDP, die auf den | |
> Koalitionsvertrag pocht. | |
Bild: Constanze Kurz vom CCC: "Diese gestrige Haltung ist schade." | |
BERLIN taz | Mit seiner Ankündigung, nun doch Internetsperren im Kampf | |
gegen Kinderpornografie ermöglichen zu wollen, hat Innenminister Thomas de | |
Maizière (CDU) neuen Streit in der Koalition ausgelöst. Justizministerin | |
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) erinnerte an die | |
Koalitionsvereinbarung: "Ich gehe davon aus, dass diese für Liberale | |
zentrale Vereinbarung zwischen Union und FDP nicht aufgekündigt wird, erst | |
recht nicht beiläufig etwa in einem Tageszeitungs-Interview." | |
De Maizière hatte sich im Gespräch mit der taz dafür ausgesprochen, sowohl | |
das Löschen als auch das Sperren von kinderpornografischen Seiten im Netz | |
zu ermöglichen. Das Argument von Kritikern, durch eine Sperrliste werde | |
eine Zensurinfrastruktur geschaffen, wies er zurück. | |
Gleichzeitig zog sich de Maizière mit seinem Vorstoß den Unmut der | |
Internetgemeinde auf sich - dabei wollte er eigentlich mit einer Reihe von | |
Netzdialogen auf diese zugehen. "Es ist enttäuschend, dass nach einer | |
langen Debatte so eine gestrige Haltung zutage tritt", sagte Constanze Kurz | |
vom [1][Chaos Computer Club], die an einer der Dialogveranstaltungen | |
teilgenommen hatte. Sperren seien kontraproduktiv, sagte sie. | |
"Es zeigt sich, dass de Maizière in den entscheidenden Fragen | |
beratungsresistent ist", sagte Markus Beckedahl von [2][netzpolitik.org], | |
der ebenfalls am Dialog mit de Maizière teilgenommen hatte. "Offenbar haben | |
die Veranstaltungen nichts gebracht." Er überlege deshalb, ob es noch | |
sinnvoll sei, zu den weiteren geplanten Treffen zu gehen. | |
Die Internetsperren waren noch unter Schwarz-Rot verabschiedet worden. | |
Union und FDP hatten dann im Koalitionsvertrag vereinbart, die Sperrung von | |
Kinderporno-Seiten für mindestens ein Jahr auszusetzen. Stattdessen soll | |
die Polizei versuchen, das Material löschen zu lassen. In einem Brief an | |
den Bundespräsidenten hatte die schwarz-gelbe Regierung ein neues Gesetz | |
angekündigt, das dem Grundsatz Löschen statt Sperren folgt. | |
Ein Vorstoß der EU-Kommission von Ende März, europaweit Sperren | |
vorzuschreiben, hat nun zum Umdenken im Innenministerium geführt - zum | |
Unmut der Liberalen. "Diese Bilder und Filme sind zu löschen, nicht zu | |
sperren", sagte die Innenexpertin der FDP-Fraktion Gisela Piltz. "Sperren | |
ist nicht nur weniger wirksam, sondern auch viel fehleranfälliger und | |
rechtsstaatlich kaum kontrollierbar." | |
28 Apr 2010 | |
## LINKS | |
[1] http://www.ccc.de/ | |
[2] http://www.netzpolitik.org/ | |
## AUTOREN | |
Wolf Schmidt | |
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