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# taz.de -- Jetzt auch Spanien herabgestuft: Griechenland im Teufelskreis
> Auch mit einem Hilfspaket EU und IWF wird sich die griechische
> Schuldenkrise nicht lösen lassen. Spanien abgestuft, Portugal ein zweites
> Mal.
Bild: Mit Grausen werden in der New Yorker Börse die Kurse beobachtet.
BERLIN taz/dpa | Griechenland braucht bis spätestens 19. Mai neues Geld. An
diesem Tag werden alte Anleihen im Wert von 8,5 Milliarden Euro fällig.
Doch nach einer erneuten Herabstufung durch die Ratingagentur Standard &
Poors haben griechische Staatsanleihen nur noch Schrottwert. Neue Schulden
aufzunehmen, um die alten zurückzuzahlen, wird also schwierig. Die Zinsen
sind bereits auf 12 Prozent gestiegen.
Viele große Investoren wie Investmentfonds und Versicherungen dürfen
ohnehin keine Schrottanleihen kaufen. Weil somit die Zweifel an
Griechenlands Zahlungsfähigkeit wachsen, steigen auch die Zinsen immer
weiter - was dann die Staatspleite noch wahrscheinlicher werden lässt. Ohne
Hilfe von außen wird sich dieser Teufelskreis nicht mehr durchbrechen
lassen.
Um ihren Verpflichtungen nachzukommen, benötigt die griechische Regierung
in diesem Jahr 45 Milliarden Euro, möglicherweise sogar deutlich mehr. Zu
dem Rettungspaket, das Eurostaaten und der Internationale Währungsfonds
(IWF) nun schnüren wollen, soll Deutschland 8,4 Milliarden beisteuern.
Die Finanzkrise der Griechen spitzte sich zu, nachdem griechische
Staatsanleihen am Dienstagabend von der Ratingagentur Standard & Poor's auf
Ramschniveau heruntergestuft worden waren. Zusätzliche Hektik löste die
Nachricht aus, dass auch Portugal erneut herabgestuft wurde. Nach
Griechenland und Portugal stufte die Ratingagentur Standard & Poor's am
Mittwoch auch Spanien herab.
Spanien kämpft zwar auch mit einem erheblichen Defizit, wird aber noch
deutlich besser als die beiden anderen südeuropäischen Länder bewertet.
International erlitten die Aktienmärkte Verluste. Der Euro fiel auf einen
der niedrigsten Stände seit einem Jahr. "Die Märkte sind mit voller Wucht
von der Problematik in den angeschlagenen EU-Ländern getroffen worden",
sagte Chefhändler Matthias Jasper von der WGZ Bank.
IWF und EZB setzen Griechenland massiv unter Druck, schnell ein
Drei-Jahres-Sparpaket zu schnüren. Es sei extrem wichtig, dass die
Gespräche in Athen innerhalb der nächsten Tage beendet würden, sagte
Trichet bei einer Pressekonferenz mit Bundesfinanzminister Wolfgang
Schäuble (CDU). Strauss-Kahn sagte nach einem Treffen mit Merkel auf eine
entsprechende Frage, es habe noch kein IWF-Programm gegeben, das nicht
zurückgezahlt worden sei.
Schon überschlagen sich Politiker mit Forderungen, diesmal die Banken nicht
ungeschoren davonkommen zu lassen. "Diejenigen, die hohe Zinsen für
Griechenland-Anleihen kassiert haben, sollten sich auch an den Kosten einer
Rettungsaktion beteiligen", sagte der Vorsitzende des Finanzausschusses im
Bundestag, Volker Wissing (FDP). Und der SPD-Haushaltsexperte Carsten
Schneider drohte: "Eine vage Zusage, das zu prüfen, wird uns nicht
reichen."
Auch viele deutsche Banken haben in die gut verzinsten und scheinbar
soliden Wertpapiere investiert. Griechenland-Anleihen im Wert von 43
Milliarden Euro sollen diese laut der Bank für Internationalen
Zahlungsausgleich (BIZ) in ihren Büchern stehen haben.
Besonders betroffen laut Reuters: die beiden bereits verstaatlichten
Krisenbanken Hypo Real Estate mit 7,9 Milliarden Euro und die Commerzbank
mit 3,1 Milliarden Euro. Auch Landesbanken finden sich auf der Liste.
Zumindest ein Teil der deutschen Rettungsgelder käme also dem deutschen
Staat selbst zugute.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erklärte in einem Interview,
er könne die Forderung nach einer Beteiligung der Banken an den Kosten gut
verstehen. Aber dies sei unmöglich, ohne über Umschuldung zu reden "und
damit die Situation weiter zu destabilisieren".
Umschuldung - der Begriff ist sonst eher aus der Entwicklungspolitik
bekannt. Überschuldeten Entwicklungsländern wurden längere Zahlungsfristen
und günstigere Zinsen eingeräumt, und meist mussten die Gläubiger auf einen
Teil ihrer Forderungen verzichten. Als Argentinien 2001 zahlungsunfähig
wurde, mussten die Anleihenbesitzer einen Abschlag von 73 Prozent
hinnehmen.
Solch ein Abschlag wäre auch im Falle Griechenlands naheliegend, um Banken
und andere Anleger zur Kasse zu bitten. Doch wenn der griechische Staat
seine Schulden nur noch teilweise bedienen würde, käme bei Investoren
sofort die Angst auf, dass sie auch von anderen Eurostaaten wie Portugal
und Spanien ihr Geld nicht mehr voll zurückbekämen.
Das wäre die Destabilisierung, vor der Schäuble warnt. Die Währungsunion
wäre nur mit gigantischen Summen zu retten. Dennoch meint eine wachsende
Zahl von Experten, dass an einer geordneten Umschuldung kein Weg mehr
vorbeiführt.
Die griechischen Schulden belaufen sich auf 115 Prozent des
Bruttoinlandsprodukts (BIP). Um bis zum Jahr 2050 wieder auf die laut
Euro-Stabilitätspakt zulässigen 60 Prozent herunterzukommen, müsste die
Athener Regierung ihr aktuelles Haushaltsdefizit von 8,4 Prozent des BIP in
einen Überschuss von mindestens 6 Prozent verwandeln. Selbst unter größten
Sparanstrengungen dürfte das nicht zu schaffen sein, allein schon wegen der
laufenden Zinslasten in Milliardenhöhe.
Dem Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Thomas Mayer, zufolge könne das jetzt
verhandelte Rettungspaket Griechenlands langfristiges Schuldenproblem nicht
lösen, sondern nur einen Aufschub bis 2011 geben. Diese Zeit sollte zur
Gründung eines Europäischen Währungsfonds genutzt werden. Der könne dann
ein geordnetes Insolvenzverfahren managen.
Die Banken müssten einen Teil ihrer Forderungen abschreiben. Auf die
Bundesrepublik kämen dann noch langfristige Kosten von 30 Milliarden Euro
zu. Welche volkswirtschaftlichen Kosten demgegenüber eine ungeordnete
griechische Pleite verursachen würde, darüber liegen keine Schätzungen vor.
29 Apr 2010
## AUTOREN
Nicola Liebert
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