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# taz.de -- Golf von Mexiko: BP dichtet erstes Leck der Bohrinsel ab
> BP setzt inzwischen Chemikalien gegen den gigantischen Ölteppich ein. Und
> die Öffentlichkeit streitet darüber, welche Lehren aus der Katastrophe
> gezogen werden können.
Bild: Kampf gegen die Katastrophe: Helfer reinigen Ölsperren.
Der Ölteppich schwappt wenige Meter vor dem Ufer der unbewohnten
Chandelierinsel, die unmittelbar vor dem Mississippidelta liegt und auf der
Zugvögel haltmachen und heimische Vögel aus Louisiana ihre Kleinen
ausbrüten. Ein Fernsehteam von CNN fährt auf einem Boot nah an den
Ölteppich heran. Es filmt das Öl am Bootsrumpf. Dann eine Schildkröte, die
versucht, Luft zu holen. Immer wieder steckt sie den Kopf durch die
Ölschicht an der Wasseroberfläche.
Eine unbekannte Menge Öl sprudelt weiter täglich in den Golf von Mexiko. Es
soll weniger sein, als direkt nach der Explosion der Plattform "Deepwater
Horizon" im April. Den Ingenieuren von BP ist es gelungen, das erste von
drei Lecks am Grund der zerstörten Bohrinsel abzudichten. BP hofft, so die
Voraussetzungen zu schaffen, die Ölquelle mit einer Kuppel zu überdecken.
Derweil setzen viele auf das Wetter. In den vergangenen Tagen verhinderte
ein Wind, dass der Ölteppich die Küste des Festlands von Louisiana
erreichte - das ausgefranste Mississippidelta, wo sich dicht mit Pflanzen
bewachsene Uferzonen mit Sandstränden ablösen. Für Donnerstag ist jedoch
Wind in Richtung Festland angesagt.
Bevor das Öl anschwappt, räumen in diesen Tagen Tausende Helfer die Küsten
auf. Es wäre einfacher, meinen die Behörden, einen sauberen Strand von Öl
zu befreien. Auf dem Wasser haben Küstenwache und Fischer, deren Boote von
BP gechartert wurden, schwimmende Barrieren ausgelegt. Sie sollen das Öl
bremsen, stoppen können sie es jedoch nicht. BP hat auch aus der Luft
Chemikalien ins Wasser geworfen, die das Öl binden sollen. Und es hat Öl
abgefackelt.
Bei der größten Ölkatastrophe in der Geschichte der USA fehlen bislang die
spektakulären Bilder von verklebten Vögeln und toten Fischen. Aber am
Strand von Louisiana warten Kamerateams aus aller Welt darauf. Vorerst
filmen sie Fischer und Krabbenfischer, die nicht wissen, ob sie je wieder
von ihrer Arbeit leben können.
Auf dem Festland - in Washington DC und den Medien - hat unterdessen eine
Polemik begonnen, welche Lehren aus der Katastrophe gezogen werden können
und wer sie politisch nutzt. Ein Mann, der 2005 während des Hurrikans
"Katrina" Direktor der Bundesagentur für Notfälle (Fema) war, und der dafür
kritisiert wurde, dass er zu spät und zu langsam reagiert hat, nutzt die
Gelegenheit, sich zu rächen. Michael Brown behauptet, Präsident Obama käme
die Ölkatastrophe zupass. Der Grund: Der Präsident wolle die
Offshore-Ölförderung stoppen. Die großen rechten Medien, allen voran
Fox-News, haben die Verschwörungstheorie des Browns umgehend aufgegriffen.
In dasselbe Horn stößt die Ölbranche insgesamt. Noch ist unklar, ob aus dem
Loch unter "Deepwater Horizon" zwei oder drei oder noch mehr Millionen
Gallonen Öl ins Meer gelaufen sind. Es scheint bloß klar zu sein, dass es
mehr waren als im März 1989, als aus dem verunglückten Tanker Exxon Valdez
rund 40.000 Tonnen Rohöl ins Wasser flossen.
Während Präsident Obama von einer "nie da gewesenen Umweltkatastrophe"
spricht und seine Regierung und das Militär gerade in Louisiana beweisen,
wie wichtig ein "starker Staat" ist, stellt das Wall Street Journal fest:
"Es hätte viel schlimmer kommen können." Doch "dank der
Sicherheitsvorkehrungen der Ölförderer" komme es nur selten zu schweren
Unfällen. Zugleich warnt das Börsenblatt, auch nur in Erwägung zu ziehen,
aus der Offshore-Ölförderung auszusteigen.
Saftige Gewinne aus der Katastrophe erwarten die Anwälte. In der besten
Sendezeit laufen jetzt Werbespots von Anwaltsvereinigungen, die sich an die
Küstenbewohner von Louisiana richten. "Sie können Entschädigung bekommen",
heißt es darin. "Rufen Sie uns an."
5 May 2010
## AUTOREN
Dorothea Hahn
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