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# taz.de -- Untersuchungen zur Ölpest: "Für Aufklärung viel zu früh"
> Was verursachte die Katastrophe an der Ölbohrinsel im Golf von Mexiko?
> Kommissionen in den USA versuchen, das herauszufinden. Die staatlichen
> Kontrolleure sehen dabei nicht gut aus.
Bild: Explosion an der Bohrinsel, Öl vor der Küste: Noch ist ungeklärt, wie …
NEW ORLEANS taz | Frank Patton, der Ingenieur, der bei der
US-Aufsichtsbehörde für Bodenschätze (MMS) die Genehmigungen für
Off-Shore-Ölbohrungen vergibt, ist nur in einem Punkt eindeutig: die
Hochdruck-Drüsen, die im Notfall verhindern, dass weiter Öl aus dem
Seeboden austreten kann, hat er nie kontrolliert. Weder an der "Deepwater
Horizon", deren Explosion am 20. April die Umweltkatastrophe im Golf von
Mexiko ausgelöst hat, noch an irgendeiner der anderen 100 Installationen,
für die seine Behörde alljährlich Genehmigungen erteilt.
Bei der ersten Anhörung zu Ursachen und Hergang der Explosion sagt der
Ingenieur am Dienstag in New Orleans, er kenne die Regel Nummer 250.416 (e)
seiner Dienstbehörde gar nicht. Diese Regel verlangt, dass Unternehmen, die
nach Öl bohren, Belege dafür vorlegen müssen, dass ihre Anlage solche
Hochdruck-Drüsen hat. Diese "Shear rams" schneiden - wenn sie funktionieren
- im Notfall das Ölrohr durch und verriegeln so den weiteren Ölfluss.
Die Anhörung mehrerer MMS-Beamter zeigt, wie zurückhaltend die staatlichen
Kontrolleure gegenüber den privaten Ölförderern agieren. Viele haben früher
selbst auf Ölplattformen gearbeitet. Nach jeder Inspektion beantwortet der
Kontrolleur lediglich die vorgedruckten Fragen - alle anderen Beobachtungen
behält er für sich. Bei seinem letzten Besuch auf der "Deepwater Horizon"
notierte Kontrolleur Eric Neal unter anderem nichts über die Messung des
Gasdrucks. "Solche Dinge", sagt er, "notieren wir nur, wenn die Plattform
einen Test nicht besteht." Die Information über den Gasdruck, der schon in
den Wochen vor der Explosion Probleme gemacht haben soll, blieb so allein
in den Händen der Betreiber.
Bei der Anhörung in einem Luxushotel am Flughafen von New Orleans sitzen
Anwälte jener Unternehmen mit im Saal, die mit der "Deepwater Horizon"
gearbeitet haben: Darunter BP, das die Plattform zum Ölbohren geleast
hatte. Transocean, dem die Plattform gehörte. Cameron International, das
den Mechanismus zum Verhindern von "Blowouts" gebaut hat. Und Halliburton,
das den Ölaustritt aus dem Seeboden erst wenige Stunden vor der Explosion
einzementiert hatte. Konsequenzen hat die Anhörung nicht.
Am selben Tag, Dienstag dieser Woche, beschäftigt sich auch die politische
Spitze in Washington mit der Aufsichtsbehörde für Bodenschätze.
Innenminister Ken Salazar kündigt an, die Behörde in zwei Teile zu
zerlegen: einen Teil, der für die Sicherheit zuständig ist. Und einen
anderen, der die enormen Geldmengen für die Vergabe der Ölkonzessionen
kassiert. Bislang war beides unter demselben Dach.
Am selben Dienstag befasst sich auch die Energiekommission des Senats mit
der "Deepwater Horizon". Die Kommission hat die US-amerikanischen Chefs der
drei wichtigen beteiligten vorgeladen: Lamar McKay (BP), Steven Newman
(Transocean) und Tim Probert (Halliburton). Anstatt zur Aufklärung
beizutragen, schieben sich die drei Spitzenmanager gegenseitig den
Schwarzen Peter zu. BP macht den "Blowup-Preventer" am Öl-Ausgangsloch
verantwortlich. Und der gehöre Transocean. Dessen Chef wiederum zeigt mit
dem Finger auf Halliburton, weil die Firma kurz vor dem Unfall mit Zement
gearbeitet hat. Nur in einem Punkt sind sich die drei Spitzenmanager einig:
Um die Ursache präsize zu benennen, ist es "viel zu früh".
14 May 2010
## AUTOREN
Dorothea Hahn
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