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# taz.de -- 1. Mai-Krawalle: Schanze soll Gefahrengebiet werden
> Hamburgs Sozialdemokraten fordern härtere Strafen für
> Widerstands-Handlungen gegen Polizisten. Unterbindungsgewahrsam und
> Gefahrengebiete stehen auf der Hitliste der Polizei-Hardliner.
Bild: Bald auch im Schanzenviertel? Eine verdachtsunabhängige Kontrolle auf de…
Wundenlecken der politisch Verantwortlichen nach dem Krawall-Wochenende um
den 1. Mai im Hamburger Schanzenviertel: Der SPD-Innenpolitiker Andreas
Dressel fordert den schwarz-grünen Senat für die Bundesratssitzung am
Freitag auf, für die Verschärfung der Strafgesetze bei Übergriffen auf
Polizei und Feuerwehr zu stimmen. "Wenn Hamburg sich aus Koalitionsräson
enthält, wäre das ein Schlag ins Gesicht von Polizei und Feuerwehr", sagte
Dressel am Mittwoch.
Der Innenausschuss der Bürgerschaft wird sich am kommenden Mittwoch mit der
Randale-Problematik rund um den Tag der Arbeit befassen, die die
Sicherheitsbehörden völlig kalt erwischt hat. CDU und Innenbehörde erwägen,
das Schanzenviertel bei solchen Anlässen künftig zum "Gefahrengebiet" zu
erklären, wodurch verdachtsunabhängige Kontrollen von Anwohnern und
Besuchern nach dem Polizeirecht zulässig und neue Proteste programmiert
wären. Für Dressel ist es nötig, für Widerstandshandlungen gegen Polizisten
das Strafmaß zu verschärfen und Gesetzeslücken zu schließen. Ohne diese
Schritte sei ein umfassendes Konzept bei Gewalt gegen Vollzugskräfte nicht
denkbar. Im Einzelnen müsste der Strafrahmen bei Widerstandsdelikten sowohl
in der Mindeststrafe von drei Monaten als auch bei der Höchststrafe von
drei Jahren angehoben werden, sagte Dressel.
Zudem müsste die Fürsorgepflicht der Stadt für Polizeikräfte erweitert
werden. Daher müssten Feuerwehrleute und Rettungskräfte in den
Schutzbereich mit einbezogen werden, so der SPD-Vorstoß. Es sei
unabdingbar, Flaschen und Baseballschläger in die Kategorie "gefährliche
Gegenstände" aufzunehmen. Auch wenn bei Übergriffen mit Verletzungen die
Tatbestände von Körperverletzung greifen würden, machten die
Strafvorschriften für Vollzugskräfte nicht deutlich, dass hier Vertreter
des Staates Angriffen ausgesetzt seien, so Dressel. "Hier muss der
Rechtsstaat unmissverständliche Zeichen setzen."
Dressel verlangt vom schwarz-grünen Senat eine klare Analyse der
Gewaltstruktur. Es sei unerträglich, dass "jugendliche Krawall-Touristen"
aus allen Stadtteilen und dem Umland ohne Inhalte der "linken
Protestkultur" noch eins draufsetzen könnten. "Die Zustände für das Viertel
haben unerträgliche Maßstäbe angenommen", beklagte Dressel.
Deshalb sprach sich der SPD-Innenpolitiker auch uneingeschränkt für das
polizeiliche Mittel des "Unterbindungsgewahrsam" aus, das erstmals am 1.
Mai eingesetzt wurde. Nachdem Jugendliche in der Nacht zum 1. Mai im
Schanzenviertel Barrikaden angezündet und sich mit der Polizei ein
einstündiges Scharmützel geleistet hatten, waren neun Personen festgenommen
worden. Gegen sieben Personen beantragte die Polizei aufgrund der am Abend
des 1. Mai erwarteten Ausschreitungen präventiv einen
"Unterbindungsgewahrsam" bis zum 2. Mai - darunter auch für einen
17-Jährigen mit Meldeanschrift. Nur in einem Fall gab der Haftrichter dem
Antrag der Polizei statt, in allen anderen Fällen verhängte er lediglich
ein Aufenthaltsverbot für die Schanze am 1. Mai-Abend.
Auch dem Mittel einen ganzen Stadtteil zum "Gefahrengebiet" zu erklären,
stehen die Sozialdemokraten nicht abgeneigt gegenüber. "Wir finden es
richtig, im Vorweg die Leute abzugreifen und Spreu und Weizen zu trennen",
sagte Dressel. Ein derartiges Gefahrengebiet war neben den Amüsiervierteln
St. Pauli und St. Georg zuletzt der Stadtteil Bergedorf wegen des hohen
Anteils an Russland-Deutschen in der Neubau-Siedlung Neuallermöhe. Dort
waren Jugendliche permanent herabwürdigenden "verdachtsunabhängigen
Kontrollen" ausgesetzt - junge Frauen mussten ihre Handtaschen mit intimen
Utensilien auf den Kofferraumhauben der Streifenwagen entleeren. "Für diese
Jugendlichen war der 1. Mai in der Schanze ein toller Anlass, es den Cops
heimzuzahlen", sagt eine Mutter, die die Krawalle am 1. Mai nicht für
"unpolitisch" hält. Die Kids hätten vorwiegend Objekte des Staates im
Visier gehabt, das sei ihre Art, ihre Wut über Perspektivlosigkeit
auszudrücken.
5 May 2010
## AUTOREN
Kai von Appen
## TAGS
Schwerpunkt Polizeikontrollen in Hamburg
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