# taz.de -- Kommentar Schwulenverfolgung: Wenn der Hass Gesetz wird | |
> Uganda erwägt die Todesstrafe für Homosexuelle einzuführen, in Malawi | |
> wird ein schwules Paar zu 14 Jahre Haft verurteilt. Der Westen ist nicht | |
> unschuldig an dieser Entwicklung. | |
Aus europäischer Perspektive könnte man glatt glauben, die | |
Regierungsverantwortlichen aus Malawi, Uganda und vielen anderen | |
afrikanischen Staaten hätten recht: Homosexualität gibt es dort nicht. Oder | |
hat schon jemand von einem Gay Pride in Malawi gehört? | |
Natürlich verhält es sich eher so, dass die afrikanischen Eliten der | |
Meinung sind, dass es Homosexualität bei ihnen nicht zu geben habe, weshalb | |
ein öffentliches Bekenntnis zu ihr sofort und hart zu sanktionieren sei. | |
Uganda erwägt gerade, die Todesstrafe für Homosexuelle einzuführen. Und in | |
Malawi wurde gestern ein schwules Paar zu vierzehn Jahren Haft verurteilt - | |
der Richter begründete sein Urteil mit der Absicht, die Öffentlichkeit | |
schützen zu wollen, weil Homosexualität nicht der Kultur und der Religion | |
des Landes entspräche. | |
Tatsächlich entstammen die meisten afrikanischen Gesetze gegen | |
Homosexualität - in 38 von 53 Staaten Afrikas ist diese unter Strafe | |
gestellt - aber der Kolonialzeit. Da mag es einigen bizarr vorkommen, wenn | |
es nun vor allem die Länder des Westens sind, die eben diese Gesetzgebung | |
kritisieren und die Einhaltung der Menschenrechte einfordern - zum Beispiel | |
Großbritannien und Deutschland, das Malawi mit Konsequenzen bei der | |
Entwicklungshilfe droht. In der malawischen oder ugandischen Wahrnehmung | |
ist die Homosexualität ein Übel, das aus dem Westen stammt. | |
Es handelt sich bei dieser Sichtweise um einen nationalistischen Affekt. | |
Und der wird seit längerem von auswärtigen Akteuren geschürt, nämlich von | |
radikalen Evangelikalen aus den USA, die zunehmend Einfluss auf | |
afrikanische Eliten nehmen und nun erfreut beobachten können, dass aus dem | |
Hass, den sie predigen, Taten werden. Die Unterdrückung der afrikanischen | |
Homosexuellen weist also weit über nationale Belange hinaus. Dieser | |
Zusammenhang birgt zugleich die Lösung: Die Menschenrechte gelten | |
universell, zu ihnen gehört unabdingbar das Recht auf sexuelle | |
Selbstbestimmung. Auch wenn viele Staaten dies nicht wahrhaben wollen: | |
Homosexuelle gibt es überall auf der Welt. Auch in Malawi, Polen, in der | |
Arktis und im Iran. | |
Sowohl das Einklagen der Menschenrechte als auch die religiöse Aufforderung | |
zum Hass sind klassische Bestandteile von Sonntagsreden. Es sollte jedoch | |
die internationalen Staatengemeinschaft zum Handeln bringen, wenn die | |
Hassprediger mehr Erfolg haben. | |
20 May 2010 | |
## AUTOREN | |
Martin Reichert | |
## TAGS | |
Malawi | |
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