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# taz.de -- Klimawandel: Ausbremsen statt stoppen
> Immer höhere Deiche werden die See auf Dauer nicht in Schach halten.
> Otto-Stiftung stellt Lösungen vor, die die scharfe Grenze zwischen Land
> und Meer verwischen.
Bild: Friedliche Koexistenz von Mensch und Natur: Urlauber im Wattenmeer.
Das Wattenmeer im Klimawandel zu erhalten und zugleich die Küste vor
Sturmfluten zu schützen - wie das gehen könnte, hat die
Michael-Otto-Stiftung am Montag in Hamburg vorgestellt. Die
Umweltschutzstiftung des Versandhauskönigs hat ein "Zukunftsbild für eine
klimasichere Wattenmeerregion" erarbeiten lassen. Es läuft darauf hinaus,
die scharfe, durch hohe Deiche markierte Grenze zwischen Land und Meer
zugunsten eines flexibleren Systems aufzulösen.
Handlungsbedarf besteht, denn der Meeresspiegel wird so oder so steigen,
wie die Mitautorin Nicole von Liebermann von der TU Harburg ausführte: Das
Meeresniveau steige derzeit aufgrund langfristiger natürlicher
Schwankungen. Zugleich sinke das Land hinterm Deich, weil es vom Menschen
bebaut und entwässert werde. Dazu komme jetzt noch ein Anstieg des
Meeresspiegels als Folge des Klimawandels.
Sowohl für die Natur als auch für den Küstenschutz könnte sich das als
fatal erweisen: Gegenwärtig gibt es im Wattenmeer ein Gleichgewicht
zwischen Erosion und Sedimentation. Was an der einen Stelle erodiert, wird
anderswo aus Schwebstoffen aufgespült. Steigt der Meeresspiegel zu schnell,
könnten große Stücke des Watts verloren gehen - zumal landeinwärts aufgrund
der Deiche kein neues Watt entstehen kann.
Aus Sicht des Küstenschutzes stellt sich das Problem, dass der Deichbau mit
künftigen Sturmfluten kaum wird mithalten können. Denn mit jedem Meter Höhe
vervielfacht sich das Volumen eines Deichs.
Die Autoren des Leitbilds schlagen eine Reihe von Strategien vor, die auf
den jeweiligen Ort angepasst werden müssten. "Man könnte das als eine Art
Musterkoffer verstehen", sagt Liebermann. So könne man Deiche an einzelnen
Stellen öffnen, damit das Meer Sediment in einen Polder schwemmen kann, was
dem Absinken des Landes entgegen wirkt. Zugleich dienen die Polder als
Stauräume bei Sturmfluten.
Die Autoren wollen gezielt Überspülungen etwa von Dünen der Nordseeinseln
zulassen, weil der Sand das Wasser am besten bremst. Der natürliche
Sedimenttransport im Meer könnte durch gezielte Sandvorspülungen gestärkt
werden. An besonders sensiblen Stellen könnten aber auch Superdeiche
errichtet werden, auf denen wie auf einer riesigen Warft gewohnt werden
könnte.
Die je nach Ausgestaltung mehr oder weniger oft und stark überfluteten
Polder könnten der Landwirtschaft, dem Tourismus oder der Natur zugute
kommen. "Hier könnten Lebensräume entwickelt werden, die vor dem Deich
verloren gehen", sagt Beatrice Claus vom WWF. Aus ihrer Sicht geht das
vorgeschlagene Zukunftsbild "in die richtige Richtung".
31 May 2010
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Lesestück Recherche und Reportage
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