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# taz.de -- Kabinett verkündet Sparpaket: Weniger Elterngeld, mehr Ökosteuer
> Wie erwartet streicht die Regierung vor allem an Sozialabgaben für die
> Ärmsten. Außerdem muss die Industrie auf Ausnahmen von der Ökosteuer
> verzichten und eine Luftverkehrsabgabe ist geplant.
Bild: Fröhliche Sparer: Westerwelle und Merkel vor der Verkündung ihres Sparp…
BERLIN taz/rtr/apn | Die Bundesregierung strebt im Haushalt 2011
Einsparungen im Volumen von 11,2 Milliarden Euro an. Bis 2014 solle das
Defizit um 26,6 Milliarden Euro pro Jahr verringert werden. Dies geht aus
dem Eckpunktepapier hervor, das Schwarz-Gelb zum Abschluss der zweitägigen
Sparklausur am Montag vorlegte.
Im Sozialbereich sind im ersten Jahr Kürzungen von 3 Milliarden Euro
vorgesehen. Bis 2014 sollen es dann knapp 11 Milliarden Euro sein, die dort
jedes Jahr eingespart werden sollen. Bei der Haushaltssanierung verzichte
die Regierung auf die Erhöhung der Einkommensteuer oder der Mehrwertsteuer.
Die deutsche Industrie muss sich auf deutlich geringere
Energiesteuer-Subventionen einstellen, die Banken auf zwei Milliarden Euro
durch die Bankenabgabe. Auch auf die Atomenergiebranche kommen, verbunden
offenbar mit den Laufzeitverlängerungen, weitere Kosten zu.
Außerdem werden Leistungen für Eltern gekürzt. So sollen Hartz-IV-Empfänger
künftig kein zusätzliches Elterngeld mehr bekommen. Dadurch sollen 400
Millionen Euro eingespart werden.
Derweil werden die Zahlungen des Elterngeldes an Berufstätige während der
Elternzeit nur marginal gesenkt: Statt 67 Prozent des Nettoeinkommens
sollen künftig 65 Prozent ausgezahlt werden. Der Deckelbetrag bleibt aber
konstant bei 1.800 Euro im Monat, so dass die Senkung höhere Einkommen
nicht trifft. Das bringt weitere 200 Millionen Euro jährlich ein.
Gespart werden soll auch der Heizkostenzuschuss sowie an den
Rentenzuschüssen bei Hartz-IV-Empfängern.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Vizekanzler Guido Westerwelle gaben die
Ergebnisse am Nachmittag bekannt. Vor Beginn der Klausur hatten sie
angekündigt, dass der Rotstift vor allem bei Sozialausgaben angesetzt
werden solle. Dagegen protestierten bereits vor Bekanntgabe der Beschlüsse
Gewerkschaften und Sozialverbände.
Beschlossen wurde auch, 2011 die Energiesteuer-Subventionen um eine
Milliarde Euro zu reduzieren. In den Jahren 2012 bis 2014 soll der Bereich
sogar mit jeweils 1,5 Milliarden Euro weniger auskommen müssen als bisher.
Eine "ökologische Luftverkehrsabgabe" soll eine weitere Milliarde Euro im
Jahr bringen.
Weitere 2,3 Milliarden pro Jahr sollen von der Atomwirtschaft aufgebracht
werden. Vor allem will die Bundesregierung die Industrie an der
Finanzierung der geplanten Sanierung des maroden Atommülllagers in der
Schachtanlage Asse II beteiligen. Außerdem sollen die "Zusatzgewinne" –
gemeint ist vermutlich durch eine Verlängerung der Laufzeiten – stärker
besteuert werden.
Im Verteidigungshaushalt wird zunächst nicht gespart. Eine Reform der
Streitkräfte soll ab 2013 aber zwei Milliarden Euro jährlich einbringen.
Ab 2012 will die Bundesregierung zudem zwei Milliarden Euro jährlich
einnehmen durch die neue Bankenabgabe. Mit der Abgabe soll die
Finanzbranche "angemessen an den Kosten der Krise" beteiligt werden. Das
Geld soll in einen Restrukturierungsfonds fließen. Die Einführung einer
Bankenabgabe war bereits Ende März im Kabinett beschlossen worden.
Das gesamte Sparvolumen, das der Bund zur Einhaltung der Schuldenbremse bis
2016 erbringen muss, wurde von der Regierung mit 32,4 Milliarden Euro
beziffert. Um es zu erreichen, wurde für die beiden noch fehlenden Jahre
2015 und 2016 eine globale Minderausgabe von 5,6 Milliarden Euro
vereinbart.
Das Kabinett beriet seit Sonntagmittag streng abgeschirmt im Kanzleramt
über den Bundesetat 2011 und die mittelfristige Finanzplanung bis 2014. Ab
2013 muss Deutschland wieder den Euro-Stabilitätspakt einhalten, zudem
greift ab 2011 die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse.
Die Gewerkschaft Verdi warf der Bundesregierung vor, den Haushalt auf
Kosten der sozial Schwachen sanieren zu wollen. "Die Bundesregierung
belastet einseitig die Schwachen in der Gesellschaft, statt starke
Schultern angemessen zur Finanzierung des Gemeinwesens heranzuziehen",
erklärte der Verdi-Vorsitzende Frank Bsirske. Wer ausgerechnet bei den
Schwächsten streiche, gefährde den sozialen Zusammenhalt.
"Einschnitte bei den Rentenbeiträgen für Langzeitarbeitslose, Abstriche
beim Elterngeld, Kürzungen bei den Fördermitteln für Erwerbslose,
Arbeitsplatzabbau im öffentlichen Dienst - gerecht geht anders", erklärte
Bsirske. Stattdessen sollten große Vermögen und reiche Erben steuerlich
stärker herangezogen werden.
Auch der Sozialverband Deutschland erklärte, durch die anvisierten
Kürzungen bei den Schwächsten stehe der soziale Zusammenhalt in Deutschland
vor einer Zerreißprobe.
7 Jun 2010
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Haushaltssanierung tragen. Die Sozialeinsparungen 2014 belaufen sich auf
rund 11 Milliarden Euro.
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