# taz.de -- Kommentar schwarz-gelbes Sparpaket: Merkel legt Feuer | |
> Die Regierung behauptet, keiner werde beim Sparen ausgenommen. Das ist | |
> falsch, denn die Rechnung wird von denen gezahlt, die ohnehin schon wenig | |
> haben. | |
Angela Merkel wollte bei der Vorstellung des Sparpakets der Regierung einen | |
Eindruck vermeiden, der als Sankt-Florians-Prinzip bekannt ist: "Heiliger | |
Sankt Florian, verschon mein Haus, zünd andre an", so die Bitte an den | |
Schutzpatron gegen Feuer und Dürre. Solches Suchen ihrer Zuhörer nach einer | |
Schieflage suchte die Kanzlerin zu zerstreuen. Alle müssten ran, lautete | |
ihre Botschaft, Wirtschaft ebenso wie BürgerInnen, keiner werde beim Sparen | |
ausgenommen. | |
Das ist ein durchsichtiger Versuch, die BürgerInnen in ihrem | |
Gerechtigkeitsempfinden zu beruhigen - und gleichzeitig ihre | |
Leidensbereitschaft zu erhöhen. Vor allem aber ist die Behauptung falsch. | |
Denn die Rechnung für die immense Staatsverschuldung, die auch aus der | |
Bekämpfung von Finanz- und Wirtschaftskrise resultiert, zahlen nach den | |
schwarz-gelben Plänen vor allem diejenigen, die ohnehin schon wenig haben. | |
Der Sozialetat schrumpft mit Abstand am stärksten, die Kürzungen bei | |
Arbeitslosen und Wohngeldempfängern sind brutal und werden sich massiv auf | |
das Leben vieler armer Menschen auswirken. Die Regierung erhöht den Druck | |
auf Menschen ohne Arbeit und nimmt billigend in Kauf, dass mehr in | |
Altersarmut rutschen. Das staatstragende Pathos, mit dem Merkel ihre Pläne | |
der Öffentlichkeit verkauft, wirkt bei alldem zynisch. | |
Ebenso zynisch ist Merkels widersinniges Versprechen, ausgerechnet ein | |
Sparprogramm würde für Wachstum sorgen - viele Arbeitslose, denen | |
Eingliederungsprogramme gestrichen werden, muss dies wie Hohn klingen. | |
Einerseits erklärt die Regierung einen höheren Spitzensteuersatz oder die | |
Rücknahme ihres Steuergeschenks an Hoteliers für tabu. Andererseits | |
verschweigt sie, dass mancher Punkt in der Sparliste als reine Luftbuchung | |
enden könnte. Die Beteiligung der Banken an den Krisenkosten ist ab 2012 | |
mit 2 Milliarden Euro eingeplant. Sie muss jedoch international | |
abgesprochen werden - ob das klappt, steht in den Sternen. | |
Mag die Koalition ihren Etat für Bildung und Forschung eisern schützen, mag | |
sie mit einer Abgabe auf den Luftverkehr und Aufschlägen für die | |
Atomwirtschaft auch ein paar ökologisch sinnvolle Maßnahmen treffen - fest | |
steht: Dieses Sparprogramm ist nicht ausgewogen, sondern es verschärft | |
Ungleichheiten. Daher ist es richtig, dass Opposition und Gewerkschaften | |
der Regierung mit Protest drohen. Er ist nötig. | |
8 Jun 2010 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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