# taz.de -- GEZ-Reform: Nie mehr Hausbesuche | |
> Die alte GEZ-Struktur ist gekippt. Ab 2013 wird nicht mehr gerätebezogen | |
> gezahlt, sondern pauschal pro Haushalt. Wir blicken ein wenig wehmütig | |
> zurück. | |
Bild: Oft genug haben sie genervt die Fahnder von der GEZ. | |
Die Ledermäntel kommen | |
Mich nicht, nein, mich haben sie nie erwischen können. Einmal wars knapp, | |
da lief gerade eine GEZ-Razzia in unserem Viertel, wie ich von einem Freund | |
und taz-Kollegen erfuhr. Der war eigentlich immer recht umsichtig, wenns um | |
die Ledermäntel von der GEZtapo ging. An diesem Tage aber hockte er gerade | |
zuhause und hatte, wie es seine Art war, in der Küche das Nachrichtenradio | |
laufen, im Wohnzimmer den Fernseher und im Arbeitszimmer den Computer - als | |
es klingelte. Er hatte keine Chance. Ich hatte eine, weil er mich | |
freundlicherweise sofort fernmündlich warnte und ich alle Beweise | |
abschalten konnte, bevor es kurz darauf auch bei mir läutete. Mich nicht, | |
nein, mich haben sie nie erwischt. Ich war der Thomas Crown der | |
Gebührenfinanzierung. Pauschalbetrag? Das ist nicht mehr meine Welt. ARNO | |
FRANK | |
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Das graue Männlein | |
Zu den vielen Horrorstorys, die man sich in meinem Freundeskreis über die | |
Methoden der GEZ zuraunt, gehört diese besonders perfide Variante: In | |
Hamburg sollen eine Zeitlang junge Frauen in rotem Minirock und onduliertem | |
Blondhaar ihr Unwesen getrieben haben. Sie klingelten an den Türen | |
potenzieller Gebührenbetrüger und baten nach feuchtfröhlichem Hallo um | |
Einlass, vorgeblich, um irgendeine PR-Aktion vorzuführen. Der verdutzte, | |
aber durchaus angenehm überraschte Freund saß gerade an seiner | |
Studienabschlussarbeit und öffnete die Wohnungstür, dankbar für die | |
unerwartete Ablenkung. Plötzlich tauchte aus der Dunkelheit des | |
Treppenhauses ein graues Männlein mit Aktenkoffer auf und schob sich | |
grimmig an den beiden Schönheiten vorbei. Selbstbewusst und mit | |
zielsicherem Bürokraten-Instinkt bahnte er sich den Weg in die WG-Küche. | |
Sofort hatte er das Radiogerät geortet. Eine Ratenzahlung der saftigen | |
Geldstrafe und grenzenloses Misstrauen gegenüber schönen Frauen begleiteten | |
fortan den gedemütigten Studenten. SUNNY RIEDEL | |
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Du sollst nicht lügen … | |
Es ist recht unglücklich, wenn einen die innere Margot Käßmann ausgerechnet | |
in dem Augenblick überwältigt, wenn die GEZ-Drückerkolonne vor der Tür | |
steht und versucht, mit einer dreisten Lüge an ihr Geld zu kommen: "Wir | |
haben mit unserem Funkwagen gemessen, dass Sie einen Fernsehapparat | |
besitzen." Und prompt überkommt einen der von Schuld getriebene Impuls, vor | |
der ganzen Gemeinde zu gestehen, dass man schon seit Jahren Schwarzseher | |
ist! Seitdem zahle ich Gebühren. Woher ich wusste, dass es solche | |
Mess-Funkwagen nicht gibt? Weil ich seinerzeit mein Geld als Kabelhelfer | |
beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk verdiente. Schlimm. MARTIN REICHERT | |
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Endlich kann es raus! | |
Das Versteckspiel ist also vorbei. Immer musste man irgendwie heimlich tun, | |
wusste nie, wer gerade mithört. Es gab diese unbestimmte Angst vor | |
Konsequenzen, man wollte sich ja auch nicht unmöglich machen. Jetzt kann | |
ichs also endlich sagen: Ich habe immer Rundfunkgebühren gezahlt. Ich | |
wollte immer Programme, die sich nicht durch Werbung und Quote finanzieren | |
müssen. Ich wollte, wenn Mist produziert wurde, wenigstens im kleinen Kreis | |
Vertrauter laut darüber schimpfen können. Aus. In Zukunft bin ich Gleicher | |
unter Gleichen. BERND PICKERT | |
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Das schwarze Schaf | |
Die GEZ stand nie vor meiner Tür. Wir führten nur eine kurze | |
Briefbeziehung, ansonsten kenne ich sie vor allem aus der Werbung. Und was | |
hat sie nicht alles versucht. Sie filmte Gospelchöre, Breakdancer mit | |
GEZ-Goldkettchenanhängern, Studenten-WGs. Sie gewann die arschcoole Julia | |
Hummer als Testimonial. Sie dachte sich sogar einen total originellen, | |
verwortspielten Claim aus, eine Remineszenz an die legendäre | |
"SchreIBMaschine": "Schon GEZahlt". Doch alles vergebens: Stets wirkte es | |
so verzweifelt und anbiedernd wie die Anti-Raubkopier-Werbung der Film- und | |
Musikindustrie. Mit einer Ausnahme: In einem Spot sitzt ein ganz und gar | |
reizendes schwarzes Schaf auf dem Sofa zwischen Fußballfans, klaut Pizza, | |
steckt seiner hilflosen Sitznachbarin die Zunge ins Ohr und schmeißt die | |
leergeexte Bierflasche mit dem Maul an die Wand. Es ist unheimlich lustig. | |
Ich möchte jetzt auch ein Schaf. MICHAEL BRAKE | |
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Lieber Volksmusik als gar keine Nachrichten | |
Ich bin ein Opfer der GEZ. Denn um drei Uhr morgens, wenn die WG-Feier | |
langsam abklingt und die letzten Gäste noch auf Staat, Kapital und | |
GEZ-Kontrolleure schimpfen, kann ich bei dem Thema, das die meisten | |
Leidenschaften auslöst, kaum mitreden. Wie man am besten die Gebühr umgeht? | |
Ob die GEZ tatsächlich mit Spezialgeräten Fernseher orten kann? Ob | |
Kontrolleure sich wirklich als Pizzaboten tarnen? "Was meinst du?" - | |
"Interessiert mich nicht." - "Warum nicht?" - "Weil ich zahle." - "Wieso | |
das denn? Musst du doch gar nicht." | |
Gute Frage. Weil ich in Bangladesch aufgewachsen bin, wo sich die Wahl auf | |
langweiliges Staatsfernsehen und banales Privatfernsehen beschränkte. Die | |
einen logen in den Nachrichten, die anderen brachten gar keine. Eine | |
Organisationsform, die sich strukturell dem Einfluss von Staat und | |
Wirtschaft entzog, leuchtete mir ein. Auch wenn viel zu oft Volksmusik | |
gezeigt wird und Dokus über Bangladesch immer erst nach Mitternacht laufen. | |
Im Übrigen war die Entscheidung nicht ganz uneigennützig: Indem ich stets | |
mein Radio angemeldet hatte, kam nie einer der GEZ-Kontrolleure vorbei, um | |
zu schauen, ob nicht irgendwo noch ein Fernseher herumstand. LALON SANDER | |
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Der Schwarzweiß-Mini von Quelle | |
Als es klingelte, schwante mir nichts Böses. Der Fernseher lief, ich | |
mampfte einen Teller Nudeln. Der Mann hatte eine gepflegte Erscheinung. Er | |
verwickelte mich in ein Gespräch. Ob er sich den Fernseher mal anschauen | |
könne. Er sah ihn aus seinem Blickwinkel eh schon. Hmm wieso nicht, na | |
klar. Drinnen war die Stimmung merklich kühler. Als er die Glotze aus der | |
Nähe betrachtete, kam er mit der Sprache heraus: Er sei von der GEZ und | |
müsse nun schätzen, wie alt sie sei. Es war ein Schwarzweiß-Minifernseher | |
von Quelle. Das ehedem weiße Gehäuse hatte eine bräunliche Farbe | |
angenommen. Statt der Antenne sorgte ein Metallkleiderbügel für die | |
Bildschärfe. Ja, und dann rechnete er genüsslich zurück und ließ mich nicht | |
nur ab sofort in die GEZ eintreten, sondern ab dem geschätzten Baujahr des | |
Geräts. Die 600 Mark haben weh getan, damals im Winter 1993. Aber deswegen | |
wünsche ich dem GEZ-Mann doch nicht, dass er eines qualvollen Todes stirbt. | |
Ich denke es nur manchmal. JEROME SEIDENHEMD | |
12 Jun 2010 | |
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