# taz.de -- Kommentar NRW: Die wahren Irren | |
> Die Genossen in Düsseldorf haben gezeigt, dass die Sozialdemokraten | |
> derzeit zu mehr als ein bisschen Zirkus nicht in der Lage sind. | |
Bild: Freut sich über ihren Taktik-Coup ohne Mitspracherecht im Bundesrat: Han… | |
Es gibt da eine Geschichte, die besonders die SPD gerne erzählt: es ist die | |
Geschichte von der unzuverlässigen Linkspartei. Mit den Irren von der | |
Gysi-Truppe seien keine stabilen Koalitionen möglich und schon gar keine | |
von ihnen tolerierte Minderheitenregierung. Sie seien zu unerfahren zu | |
radikal, zu wenig einig über ihre Ziele. Nach dem bisherigen Verlauf der | |
Koalitionsverhandlungen stellt sich allerdings die Frage in welcher Partei | |
die wahren Irrläufer sitzen. | |
Die SPD hat ihre Hoffnungen in eine völlig unrealistische Ampelkoalition | |
gesetzt, die Linkspartei schon nach dem ersten Treffen abserviert , eine | |
Minderheitenregierung aus Angst vor der Regionalpresse ausgeschlossen. | |
Damit hatten sich die Sozialdemokraten eigentlich schon sämtlicher | |
Machtoptionen mit Ausnahme der Großen Koalition beraubt. Das hat auch | |
Jürgen Rüttgers erkannt und per BILD-Zeitung ein selbstbewusstes Angebot | |
für Schwarz-Rot gemacht. Davon wiederum fühlte sich nun Hannelore Kraft | |
vorgeblich beleidigt. Und schloss - schwupps - auch diese Option gleich mit | |
aus. | |
Statt einer angeblich so risikobehafteten Minderheitenregierung mit den | |
Grünen, will die SPD nun unter Rüttgers kommissarischer Regentschaft | |
Gesetzesvorhaben einbringen, sich wechselnde Mehrheiten suchen und damit | |
die Politik verändern. Ein Name für dieses Modell muss wohl erst noch | |
gefunden werden. | |
Und das alles nach den Erfahrungen in Hessen mit Andrea Ypsilanti. Aus | |
denen die SPD offenbar rein gar nichts gelernt hat. | |
Eine erste Lehre hätte beispielsweise sein können, die Linke ernsthaft als | |
Koalitionspartner in Erwägung zu ziehen. Es mag in der Partei ein paar | |
Traumtänzer geben, aber die Erfahrung zeigt, wie schnell Politikberatung | |
von ostdeutschen erfahrenen Landesverbänden geleistet wird, wenn der Linken | |
irgendwo Ungemach droht. | |
Chaotischer als die SPD könnte die Linke ohnehin kaum agieren. | |
Eine zweite Lehre könnte sein - auch wenn man mit der Linken nicht | |
ernsthaft regieren will, das der CDU nicht gar so deutlich zu zeigen. Das | |
könnte bei künftigen Verhandlungen wirklich von Vorteil sein. | |
Die dritte Lehre wäre, mal an der Spitze der Bundes-SPD zu klären, wem man | |
nun eigentlich näher steht: der Linken oder der CDU. Weil die Gabriels und | |
Steinmeiers in dieser Frage nicht aus dem Tee kommen, verheizt die Partei | |
gerade die zweite Frau, welche die Partei aus dem Abgrund zumindest auf | |
eine lichtere Tahlsohle geführt hat. | |
In Berlin mag man sich im Willy-Brandt-Haus bis heute Abend noch über den | |
Coup gefreut haben, Linke und Konservative mit der Nominierung von Joachim | |
Gauck als Bundespräsidentenkandidat unter Druck gesetzt zu haben. Es war | |
auch ein gelungenes Kabinettstückchen. In Düsseldorf hat die | |
Sozialdemokratie jedoch gezeigt, dass man zu mehr als ein bisschen Zirkus | |
nicht in der Lage ist. | |
11 Jun 2010 | |
## AUTOREN | |
Daniel Schulz | |
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