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# taz.de -- Anpassung an EU-Asylsystem: Deutschland als Bremser
> Die Bundesregierung hält wenig von den auf EU-Ebene geplanten
> Verbesserungen bei Rechtsschutz, Sozialleistungen und Arbeitsmarktzugang
> für Flüchtlinge.
Bild: Asylregelung: Einheitlich und fair soll es werden - scheitert es am Finan…
BERLIN taz | Die Bundesregierung will am rigiden deutschen Asylsystem so
wenig wie möglich ändern. "Wir unterstützen das Ziel eines gemeinsamen
europäischen Asylrechts, bestimmte Grundpfeiler des deutschen Rechts müssen
aber unangetastet bleiben", erklärte Innenstaatssekretär Ole Schröder (CDU)
am Montag bei einem Symposium des UN-Flüchtlingswerks UNHCR. So will
Deutschland den Asylsuchenden weiterhin nur minimale Sozialleistungen
gewähren.
Das gemeinsame EU-Asylsystem soll sicherstellen, dass Flüchtlinge in allen
Staaten der Europäischen Union ähnliche Anerkennungschancen und
Lebensbedingungen haben. Im Stockholmer Programm zur EU-Rechtspolitik haben
sich die 27 EU-Staaten im letzten Dezember bereits zu diesem Ziel
verpflichtet. Die EU-Kommission hat hierzu ein Bündel von Vorschlägen
vorgelegt, die Günter Burkhardt von der Flüchtlingshilfeorganisation Pro
Asyl als "überwiegend positiv" einstufte. So sollen zum Beispiel Klagen
gegen eine Asylablehnung grundsätzlich aufschiebende Wirkung bekommen. Die
Ablehnung eines Asylgesuchs als "offensichtlich unbegründet" soll erschwert
werden.
Aber vor allem Deutschland bremst. Die Innenminister von Bund und
Bundesländern wollen am "Asyl-Kompromiss" von 1993 festhalten, mit dem der
Rechtsschutz für Asylsuchende massiv eingeschränkt wurde. "Die Vorschläge
der Kommission würden die Asylverfahren verlängern und verteuern",
kritisierte Staatssekretär Schröder. Dagegen protestierte umgehend Monika
Lüke, die Generalsekretärin von Amnesty International: "Menschenrechte
dürfen nicht unter einem Kostenvorbehalt stehen." Schröder stimmte dem zwar
zu – "das ist selbstverständlich" –, opponierte aber weiter gegen
verbesserte EU-Standards für Asylverfahren. "Manche Staaten, wie
Griechenland, können schon die gegenwärtigen Anforderungen nicht einhalten.
Dort liegt der eigentliche Handlungsbedarf."
Auch der Vorschlag der Kommission der Europäischen Union, Asylsuchenden
dieselben Sozialleistungen wie Einheimischen zu gewähren, lehnt die
Bundesregierung ab. Seit 1993 gilt für Asylsuchende in Deutschland nur das
Asylbewerberleistungsgesetz. Ein Erwachsener bekommt danach nur rund 225
Euro im Monat. Teilweise wird jedoch kein Geld ausgezahlt, sondern es
werden Sachleistungen ausgegeben. 225 Euro im Monat sind dabei knapp 40
Prozent weniger als ein Bezieher von Arbeitslosengeld II ("Hartz IV")
erhält. Die Schere wird dabei immer größer, denn die Sätze für die
Asylsuchenden wurden seit 1993 nicht mehr erhöht. Schröder verwies jedoch
darauf, dass Deutschland von 2000 bis 2008 immerhin 12 Milliarden Euro an
Sozialleistungen für Flüchtlinge ausgegeben habe. "Das steht einer
Ausweitung entgegen", erklärte der Innenstaatssekretär.
Auch beim Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylsuchende und
Bürgerkriegsflüchtlinge plant die EU-Kommission Verbesserungen. Hier hat
sie zumindest die Unterstützung eines Teils der Bundesregierung. "Wir
konnten das zwar im Koalitionsvertrag nicht durchsetzen", sagte
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, "aber diese Koalition
hat ja noch viele Jahre vor sich." Große Heiterkeit im Saal.
15 Jun 2010
## AUTOREN
Christian Rath
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