# taz.de -- Boom der Sozialkaufhäuser: Günstig zu haben | |
> In der Krise haben Sozialkaufhäuser Hochkonjunktur. In Hamburg reiht sich | |
> eine Neueröffnung an die andere. Ramschläden wollen die Geschäfte jedoch | |
> nicht sein. | |
Bild: Jugendliche im Mittelpunkt: Adnan Qureshi lässt sich in der "Bezahlbar" … | |
Das dritte Sozialkaufhaus innerhalb weniger Wochen ist am Mittwoch in | |
Hamburg eröffnet worden. Doch steht das "Warengut" nicht in einem sozialen | |
Brennpunkt, sondern im hip-bürgerlichen Stadtteil Ottensen. Wohl deshalb | |
erinnert das Interieur eher an eine Lounge anstatt an eine soziale | |
Einrichtung. | |
"Hier gibt es keinen Ramsch, das soll ein schicker Laden sein", sagte | |
Berkhan Kiloglu vom Hamburger Grone Netzwerk. Der Bildungsträger wollte, | |
dass sich die Kunden wohlfühlen und verlegte deshalb den lichtdurchfluteten | |
Raum mit einem warmen Holzfußboden, hing Designertapeten auf und richtete | |
eine gemütliche Sitzecke ein. Dazwischen liegt in Regalen und auf Tischen | |
die preisgünstige Ware. Vor allem Kleider, Bücher und Möbel wurden | |
gespendet, sagte Kiloglu. Einkaufen dürfen nur Bedürftige wie Rentner, | |
Schüler oder Hartz-IV-Empfänger. | |
Im wenige Kilometer entfernten Barmbek-Nord brummt das Geschäft mit | |
gespendeten Sachen seit einem Monat. Schon jetzt hat das Geschäft | |
"Bezahlbar" erste Stammkunden. "Mit so viel Zulauf hätten wir nicht | |
gerechnet", sagt Rainer Ahlers. Er leitet das Projekt in dem sozial | |
schwächeren Viertel, das gespendete Textilien, Spielzeug und Haushaltswaren | |
zu besonders niedrigen Preisen anbietet. | |
Auch hier darf nur einkaufen, wer nicht mehr als 800 Euro im Monat | |
verdient. Ist dies der Fall, gibt es von der "Bezahlbar" eine Kundenkarte. | |
Als Sozialkaufhaus soll das Projekt aber nicht verstanden werden. "Der | |
Begriff ist sehr negativ behaftet", sagt Ahlers. Deshalb hat der Träger | |
Jugendbildung Hamburg der "Bezahlbar" den Untertitel Soziales Einkaufs- und | |
Dienstleistungscenter gegeben. Keinen Ramschladen wollte man aufmachen, | |
sondern eine Boutique - nur eben mit sozialen Preisen. Und so kostet ein | |
neues Paar roter Ballerinas gerade mal zehn Euro. | |
Die "Bezahlbar" soll aber nicht nur Bedürftigen ermöglichen, günstig | |
einzukaufen. Im Mittelpunkt stehen die Jugendlichen hinter dem | |
Verkaufstresen. Ohne sie gäbe es das Projekt überhaupt nicht. Rund 50 | |
Jugendliche werden hier auf das Berufsleben vorbereitet. Viele von ihnen | |
haben keinen Schulabschluss, die Lehre abgebrochen oder ein zu schlechtes | |
Zeugnis, um einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Bei der Jugendbildung | |
können sie eine überbetriebliche Ausbildung in verschiedenen Berufen machen | |
und lernen außerdem, wie wichtig beispielsweise Pünktlichkeit ist. | |
Das Projekt ist vorerst auf zwei Jahre begrenzt. Bis dahin muss die | |
"Bezahlbar" zeigen, dass sie sich wirtschaftlich selbst tragen kann. "Aber | |
wenn es weiterhin so gut läuft, sind wir zuversichtlich", sagt Rainer | |
Ahlers. | |
16 Jun 2010 | |
## AUTOREN | |
Uta Gensichen | |
Uta Gensichen | |
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Bremen | |
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