Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Nach Anelka-Eklat im Frankreich-Team: Auf Verrätersuche
> Nach dem Ausraster von Anelka in der Kabine wird im französischen Team
> skandalisiert, wie das nach außen dringen konnte. Dafür hofft Südafrika
> jetzt auf den mentalen Vorteil.
Bild: Zum Schämen: Kapitän Patrice Evra (re.) auf der Pressekonferenz mit FFF…
JOHANNESBURG taz | "Wir fürchten die Franzosen nicht." Carlos Alberto
Parreira, der Trainer von Südafrikas Nationalmannschaft, hat mitbekommen,
was passiert ist im WM-Team der Franzosen. Eine kleine Chance hat sein Team
noch, sich zu qualifizieren für das Achtelfinale. Dazu braucht es auf jeden
Fall einen deutlichen Sieg gegen Frankreichs bisher so bescheidene Truppe.
Die ist derzeit nur mit sich selbst beschäftigt, seit auf der Titelseite
der täglichen Sportpostille LEquipe stand, mit welchen Worten Stürmer
Nicolas Anelka in der Pause seinen Trainer Raymond Domenech belegt haben
soll: "Lass dich in den Arsch ficken, du dreckiger Hurensohn!" Weil sich
der Angreifer partout nicht entschuldigen wollte, wurde er rausgeschmissen
aus dem WM-Team.
Und während in Frankreich der Burgerbrater Quick die ersten Plakate
entfernt, auf denen Anelka für den Verzehr von belegten Weichbrötchen
wirbt, fragt man sich im Team, wie es eigentlich geschehen konnte, dass die
Verbalinjurien des Stürmers in die Öffentlichkeit getragen wurden. Aus dem
Anelka-Skandal ist eine Maulwurfaffäre geworden. Mannschaftskapitän Patrice
Evra meint: "Das Problem der Mannschaft ist nicht Nico, das Problem ist der
Verräter unter uns." Und: "Es ist der Verräter, der rausgeschmissen werden
muss."
Als er dies sagte, saß Jean-Pierre Escalettes neben ihm, der Präsident des
Französischen Fußballverbandes. Er las den Pressevertretern die Leviten.
Die seien schuld daran, dass die Mannschaft beschädigt worden sei. Was in
der Kabine gesprochen wird, das gehöre nicht auf die Seite eins einer
Sportzeitung. Für den Präsidenten ist die Maulwurfaffäre ein Presseskandal.
Drei Felder werden also derzeit beackert in dieser Causa. Mit dem einen hat
sich Nicolas Anelka selbst zu befassen. Er, der auch vom französischen
Staatspräsidenten gerüffelt worden war, kämpft um seinen guten Ruf. Ja: es
sei heftig zugegangen in der Kabine und er akzeptiere seinen Rauswurf.
Aber: Das, was LEquipe ihm da in den Mund gelegt hat, das habe er nie
gesagt.
Der 31-jährige Angreifer des FC Chelsea, der in der Nationalmannschaft mit
seinen 14 Toren in 71 Spielen nie so recht Fuß fassen konnte, ist in seiner
Heimat eine Werbeikone. Nicht nur die Imbisskette Quick hat auf ihn
gesetzt. Mit seinem Gesicht werden Kartoffelchips und Puma-Sportartikel
beworben. Samsung hat ein von Anelka entworfenes Handy mit der Signatur des
Stürmers auf dem Gehäuse auf den Markt gebracht. Auch weil er im Geschäft
bleiben will, tut Anelka alles, um den Ruf als ultraprimitiver
Trainerbeschimpfer loszuwerden.
Die französische Männergemeinschaft, sie funktioniert nicht mehr. "Die
Gruppe ist nicht gesund, weil einer unter uns ist, der Informationen
herausgibt." Nun wird spekuliert, wer der Verräter sein könnte. LEquipe hat
schon mal klargestellt, dass mehrere Spieler bestätigt hätten, dass Anelka
genau das gesagt hat, was zu lesen war. Seitdem wird nach mehreren
Verrätern gefahndet.
Über der Maulwurfaffäre, und das ist das dritte Feld, auf dem derzeit
geackert wird, verschlechtert sich das ohnehin angespannte Verhältnis der
Nationalmannschaft zur Presse weiter. Die französischen Medienvertreter
beklagen sich schon seit Turnierbeginn über die inhaltsleeren Statements
auf den Pressekonferenzen. So richtig wundert sich da niemand, dass die
mächtige LEquipe den direkten Weg in die Kabine sucht.
Ach ja, spielen müssen die Franzosen auch noch. Das entscheidende
Gruppenspiel gegen Südafrika findet am Dienstag (16 Uhr) in Bloemfontein
statt.
20 Jun 2010
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
Schwerpunkt Deniz Yücel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Vorrundenaus bei der Fußball-WM: Französischer Verbandschef tritt zurück
Nach Frankreichs desaströsen Auftritt bei der Fußball WM hat Verbandschef
Escalettes sein Amt niedergelegt. Die Regierung ist unterdessen wegen
Einflussnahme in der Kritik.
Chaos beim französischen WM-Team: Krisentreffen mit den Erbärmlichen
Französische Politiker halten den Trainingsstreik der WM-Mannschaft für
"erbärmlich". Präsident Sarkozy befiehlt deshalb ein Krisentreffen von
Sportministerin Bachelot und Team-Kapitän Evra.
Chaos bei WM-Team der Franzosen: Spieler brechen Training ab
Nachdem Anelka wegen einer Trainer-Beleidigung abreisen musste, hat sich
der Rest der Mannschaft hinter den Stürmer gestellt und das Training
boykottiert. Daraufhin kündigte der Delegationschef.
Kolumne Vuvuzela 10: Armes Afrika, armer Analka!
Es ist so traurig! Afrikas Mannschaften fast alle raus. Wer trötet die
Vuvuzelas, wenn ihr alle weg seid? Hätten wir das gewusst, hätten wir uns
die ganzen Strapazen geschenkt.
Zoff im französischen WM-Team: Anelka fliegt raus und heim
Der französische Fußball blamiert sich bei der WM nicht nur auf dem Rasen.
Der interne Zoff bei den "Bleus" erreicht mit den Trainerbeleidigungen
durch Stürmer Anelka einen neuen Höhepunkt.
Frankreich vor dem Mexiko-Spiel: Ahnungslos und abgeschottet
Viele können sich nach dem ideenlosen Auftritt des Ex-Weltmeisters gegen
Uruguay nicht vorstellen, wie Mexiko besiegt werden soll. Und das Team
bleibt im Bunker versteckt.
Mexiko besiegt Frankreich: Der besondere Wille
Frankreich spielt extrem lustlos und bekommt von agilen und läuferisch
starken Mexikanern prompt die Quittung. Damit ist der Vize-Weltmeister so
gut wie ausgeschieden.
Uruguay und Frankreich spielen 0:0: Tristesse royale
Nach mäßigem Beginn geht es langweilig weiter. Olé, die WM ist da.
Frankreich gegen Uruguay langweilt so sehr, dass irgendwann sogar die
Vuvuzelas leiser werden.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.