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# taz.de -- Stürmer Thomas Müller: Der Witzelmeister
> 20 Jahre ist Müller erst alt, aber er nähert sich mit rasender
> Geschwindigkeit dem Stadium der Vollkommenheit. Dabei bleibt er so locker
> und schlagfertig, dass es fast gespenstisch ist.
Bild: Schaut her, zwei habe ich gemacht: Thomas Müller nach seinem 4:1 gegen E…
ERASMIA taz | "Ich möchte Weltmeister werden", sagte Thomas Müller nach dem
Spiel gegen England. Und das mit einer Selbstverständlichkeit, als hätte er
nie ein anderes Ziel gehabt. Wenn andere so etwas sagen, wird ihnen schnell
Größenwahn unterstellt. Nicht so bei Müller, dessen Selbstbewusstsein ganz
natürlich gewachsen ist. Der erst 20-Jährige spricht über das Geschehen in
Südafrika mit einer Abgeklärtheit, um die ihn ältere Profis nur beneiden
können.
Dieser Spieler ist frühreif, nicht nur fußballerisch, sondern auch
charakterlich. Der Trubel scheint Müller nichts auszumachen. Unter dem
größten Druck, also vor einem Spiel, lächelt er in die Kameras und zwinkert
den Zuschauern zu. Wenn alle Spieler nach einem Match müde sind, witzelt
Müller immer noch herum, spricht von einem gewissen "Jogi van Gaal" oder
freut sich auf den nächsten Gegner, der bei ihm "Mexitinien" heißt. Mit
dieser fast schon gespenstischen Lockerheit macht er auch seine Tore bei
dieser WM, jetzt schon drei. "Man muss halt Tag für Tag dranbleiben und
niemals die Lust am Spiel verlieren", sagt er. Es kann so einfach sein,
wenn man von den Musen des Fußball geküsst wurde.
Schon im Jahr 1999 schoss er im Sturm des TSV Pähl in einer Saison sage und
schreibe 120 Tore. Sein Team kam auf insgesamt 175 Treffer. Wenig später
wurde er von einem Späher der Bayern als Talent erkannt und zum deutschen
Branchenführer geholt. Peter Hackl, sein erster Trainer beim TSV Pähl,
blieb immer in Kontakt zu ihm. Manchmal spielte man eine Partie Schafkopf
miteinander. Darauf angesprochen, ob Müller der ganze Hype um seine Person
nicht zu Kopf steigen werde, antwortet Hackl: "Nein, er ist ein ganz
bodenständiger Typ. Seine Familie würde ihn außerdem zusammenstauchen, wenn
er abheben würde."
Die Gefahr des Abhebens ist in diesen Tagen gar nicht mal so gering - an
Lob mangelt es nicht. "Er ist ein lockerer Typ, der viel lacht und viele
Späße macht", sagt Oliver Bierhoff. "Er ist unbekümmert", weiß Miroslav
Klose. "Er ist mein Stürmer Nummer eins", sagte Gerd Müller bei einem
Besuch im Quartier. "Er kann links wie rechts schießen, mit dem Kopf
spielen und haut auch aus 20 Metern drauf. Und er ist ein ganz braver
Junge." Gerd Müller hat in seiner Karriere 365 Tore in 427
Bundesligaspielen erzielt. "Das werde ich sicher nicht erreichen", sagt
Thomas Müller mit urbayrischer Gelassenheit, "aber das eine oder andere Tor
werde ich schon noch erzielen." Ja mei, davon kann man ausgehen.
Vor der WM war nicht ganz klar, auf welcher Position Müller im Nationalteam
spielen würde. Beim FC Bayern steht er als hängende Spitze im Zentrum.
Jetzt spielt er rechts außen im offensiven Mittelfeld. Gegen Serbien und
Ghana konnte er seine Torgefährlichkeit nicht so zeigen, er ließ sich zu
weit auf den Flügel abdrängen. Einige Flanken gingen ins Niemandsland. Doch
gegen England machte Müller da weiter, wo er gegen Australien aufgehört
hatte: Er traf. Kontersituationen scheinen ihm zu liegen, da kann er seine
Schnelligkeit ausspielen. Und wenn er sich anschickt, aufs Tor zu schießen,
benutzt er das gesamte Arsenal: Schüsse mit der Pike, mit dem Außenrist und
Vollspann.
Sein fast gleichaltriger Teamkollege Holger Badstuber, der neben Müller wie
ein Schüler wirkt, sagt über seinen Mitspieler: "Er ist sehr variabel, ein
ziemlich kompletter Stürmer." Und tatsächlich nähert sich Thomas Müller
ziemlich schnell dem Stadium der Vollkommenheit. Nur auf ein Mountainbike
darf man ihn nicht setzen. Da besteht höchste Sturzgefahr. Seine Schrammen,
die er sich im Trainingslager in Tirol geholt hat, sind aber längst
verheilt.
1 Jan 1970
## AUTOREN
Markus Völker
## TAGS
Schwerpunkt Deniz Yücel
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