# taz.de -- Niebels großes Projekt: Fusion unter Vorbehalt | |
> Dirk Niebel bringt den Zusammenschluss der drei großen Organisationen | |
> durchs Bundeskabinett – doch die ganze Reform steht unter | |
> Finanzierungsvorbehalt. | |
Bild: Dirk Niebel nach der Kabinettssitzung am 29.6. Heute bekam er sein Projek… | |
Selten ist Dirk Niebel in der Bundespressekonferenz anzutreffen, | |
üblicherweise genügen die eher bescheidenen Räume im elften Stock seines | |
Entwicklungsministeriums (BMZ) in der Berliner Stresemannstraße aus, um | |
Neues aus dem kleinsten Bundesressort zu verkünden. | |
Nicht so an diesem Mittwoch. | |
Denn was der FDP-Mann zu verkünden hatte, ist das Projekt seines ersten | |
Amtsjahres. Das Bundeskabinett hatte kurz zuvor gebilligt, dass Niebel die | |
drei großen Entwicklungsorganisationen Deutsche Gesellschaft für Technische | |
Zusammenarbeit (GTZ), Deutscher Entwicklungsdienst (DED) und die | |
Weiterbildungsagentur Inwent zu einer neuen Organisation zusammenführen | |
darf. Zur Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit, der | |
GIZ. | |
Damit reagiert Niebel auf eine mehrfach von der OECD vorgetragene | |
Ermahnung, endlich Ordnung in das Chaos der staatlichen | |
Entwicklungsorganisationen zu bringen - rund 30 sind nebeneinander tätig. | |
Schon der Bundesrechnungshof hatte kritisiert, dass über 1.000 Stellen | |
eingespart werden könnten, wenn Doppelstrukturen bei Verwaltung, | |
Länderreferaten und Strategieabteilungen abgebaut würden. Denn bis heute | |
entwerfen die einzelnen Organisationen eigene Strategien, obwohl dieses das | |
BMZ machen oder gebündelt von einer Organisation unternommen werden könnte. | |
Insgesamt 17.000 MitarbeiterInnen sind von der nun im Grundsatz | |
beschlossenen Fusion betroffen, die meisten davon in der GTZ, die zugleich | |
mit Abstand den meisten Umsatz macht. Dass der neue Name GIZ dem der GTZ | |
ähnelt, mag deshalb kein Zufall sein. Genauso wenig, dass sich DED und | |
Inwent nun doch in den Rechtsrahmen der GTZ eingliedern müssen. Auch dass | |
sich nach langen Verhandlungen doch noch der Sitz der GTZ, das hessische | |
Eschborn, als gleichberechtigter Zweitsitz neben Bonn behauptet hat, mag | |
mit dem großen Einfluss der GTZ erklärt sein, die politisch geschickt in | |
Berlin agiert. | |
Erst auf dem Hessenfest in der vergangenen Woche in der Landesvertretung in | |
Berlin hatte der Eschborner GTZ-Vorstand Bernd Eisenblätter dem Eschborner | |
Nochministerpräsidenten Hessens Roland Koch die Zusage für die hessische | |
Kleinstadt abgehandelt, wird in Berlin gemunkelt. "Viel Kraft für | |
Koordinierung von unten" umschreibt der Entwicklungsstaatssekretär | |
Hans-Jürgen Beerfeltz auf der Pressekonferenz das Ringen um die Standorte, | |
um dann bestimmt zu werden: "Das ist nun zu Ende." Denn eines der Ziele der | |
Reform ist eine Verbesserung der Steuerungsfähigkeit des Ministeriums | |
gegenüber dem "Entwicklungsgoliath", wie er die neue Organisation genannt | |
hat. | |
Inhaltlich erwartet sich das BMZ neben der Steuerungsfähigkeit eine | |
Verschlankung der Personalstrukturen, jedoch ohne betriebsbedingte | |
Kündigungen. "Wir wollen ausdrücklich bei den Durchführungsorganisationen | |
Einsparungen haben", sagte Niebel. Zudem soll der Außenauftritt | |
vereinheitlicht und die Koordinierung zwischen den verschiedenen | |
entwicklungspolitisch aktiven Ressorts verbessert werden. Hierfür gründet | |
Niebel einen "Ressortkreis Technische Zusammenarbeit", den das BMZ leitet. | |
Eine Koordinierung aller entwicklungspolitischen Maßnahmen konnte Niebel | |
jedoch nicht durchsetzen. Aus dem Kabinett wird berichtet, dass die anderen | |
Ressorts dies verhindert hätten. "Das BMZ ist stark in den Reformprozess | |
gestartet und schwach herausgekommen", sagte die Grüne Ute Koczy der taz. | |
Auf den letzten Metern wurde Niebel zudem ein Finanzierungsvorbehalt in das | |
Fusionspapier eingearbeitet. Nun muss er beweisen, "dass die Strukturreform | |
in der Summe zu finanziellen Einsparungen führt". Dies wird nun untersucht, | |
doch wegen der verschiedenen Tarifverträge wird erwartet, dass die Fusion | |
zunächst Geld kostet. "Es steht die Gefahr im Raum, dass das ganze Projekt | |
noch scheitert", sagt Koczy. | |
Kein Teil der Fusion wird die Entwicklungsbank der Kreditanstalt für | |
Wiederaufbau sein, an deren Reform sich Niebels Vorgängerin Heidemarie | |
Wieczorek-Zeul (SPD) erfolglos versuchte. Und weswegen der SPD-Politiker | |
Sascha Raabe Niebel einen "fehlenden entwicklungspolitischen Kompass" | |
vorwirft. Im Herbst sollen die Verträge unterschrieben werden. Und alle | |
fehlenden Antworten müssen geliefert sein, in dieser "epochalen Reform", | |
wie sie Niebel nennt. | |
8 Jul 2010 | |
## AUTOREN | |
Gordon Repinski | |
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