# taz.de -- Anschläge in Uganda: Somalische Miliz bekennt sich schuldig | |
> Somalias Krieg erreicht Uganda. Mindestens 74 Menschen sterben dort bei | |
> drei Anschlägen. Die Al-Shabaab-Miliz aus Somalia reklamiert die | |
> Urheberschaft der Attentate für sich. | |
Bild: Demonstration der islamistischen Al-Shabaab-Militz in Somalia. | |
NAIROBI taz | Die somalische Extremistengruppe al-Shabaab hat sich zu den | |
Attentaten in Kampala bekannt. Ein Sprecher der Gruppe, Scheich Ali Mohamud | |
Rage, erklärte am Montag, seine Organisation habe die Anschläge verübt. | |
Zuvor hatten Analysten in den Anschlägen bereits eindeutig die Handschrift | |
der islamistischen Miliz erkannt, die damit zum ersten Mal Ziele jenseits | |
ihres direkten Rückzugsraums angreift. | |
"Das Vorgehen entspricht hundertprozentig dem der al-Shabaab", erklärt | |
Ernst Jan Hogendoorn, der bei der International Crisis Group (ICG) | |
Spezialist für die Lage am Horn von Afrika ist. "Sie haben nicht nur das | |
Motiv, sondern auch die Möglichkeiten, relativ gut organisierte Anschläge | |
wie diese durchzuführen." Auch Frans Barnard, Direktor des Somalia NGO | |
Security Program, hatte keine Zweifel an der Urheberschaft der al-Shabaab. | |
"Alternativ kämen die ,Lords Resistance Army' oder die im Kongo verschanzte | |
Rebellengruppe ,Vereinte demokratische Kräfte' infrage", erklärt er. "Aber | |
beide haben nicht im Entferntesten die Fähigkeit, einen solchen Terrorakt | |
zu organisieren." Die al-Shabaab hat Barnard zufolge sowohl leichten Zugang | |
zu ferngesteuerten Sprengsätzen als auch Erfahrung mit | |
Selbstmordattentaten. Die Islamisten selbst hatten sich zunächst bedeckt | |
gehalten. Er sei über den Anschlag erfreut, erklärte Al-Shabaab-Kommandeur | |
Sheikh Yusuf Issa nur. "Uganda ist unser Feind - was immer schlecht für | |
Uganda ist, macht uns glücklich." | |
Al-Shabaab hat Uganda vor einigen Monaten mit Anschlägen gedroht, weil | |
ugandische Soldaten das Gros der Amisom-Truppen unter dem Dach der | |
Afrikanischen Union stellen. Fast täglich liefern sich ugandische Soldaten | |
in Mogadischu Kämpfe mit Al-Shabaab-Milizen. Auch das Ziel eines der | |
Attentate - ein äthiopisches Restaurant - passt ins Weltbild der | |
al-Shabaab. Spätestens seit dem Einmarsch in Somalia Ende 2006 gilt der | |
Nachbarstaat als Feind Nummer eins. Zudem verdammt Al-Shabaab das Anschauen | |
von WM-Spielen. | |
Dass das Terrornetzwerk al-Qaida an dem Anschlag beteiligt war, dessen Nähe | |
sich Al-Shabaab-Führer Abu Zubeyr gerne rühmt, hält der Sicherheitsexperte | |
Barnard für unwahrscheinlich: "Es gibt Verbindungen zwischen al-Shabaab und | |
al-Qaida, keine Frage. Aber so eng, dass al-Qaida einen solchen Anschlag | |
mit planen würde, sind sie aus meiner Sicht nicht." Die Hilfe sei nicht | |
nötig. "Es gibt genug Somalier, die etwa im Afghanistankrieg genug Know-how | |
gesammelt haben, um solch einen Anschlag durchzuführen." Auch finanziell | |
sei al-Shabaab gut aufgestellt - dank einer großen somalischen | |
Auslandsgemeinde. | |
Vor diesem Hintergrund könnte man den ersten Terroranschlag der al-Shabaab | |
außerhalb Somalias als Zeichen der Stärke sehen. Doch ICG-Analyst | |
Hogendoorn widerspricht. Er glaubt an eine Verzweiflungstat. "Zwischen | |
al-Shabaab und der Übergangsregierung von Sharif Sheikh Ahmed, die von | |
Amisom unterstützt wird, herrscht derzeit ein militärisches Gleichgewicht." | |
Die Absichtserklärung Ugandas, weitere Amisom-Soldaten nach Somalia zu | |
schicken, sei für al-Shabaab ebenso gefährlich wie die Tatsache, dass die | |
EU in Kampala derzeit 2.000 somalische Soldaten ausbildet. "Mit den | |
Attentaten versucht al-Shabaab, die öffentliche Meinung in Uganda zum | |
Kippen zu bringen: nur wenn Ugandas Truppen abziehen, haben die Islamisten | |
eine Chance, ihre Stellungen in Somalia zu halten." | |
Ob weitere Anschläge folgen könnten, wagt niemand vorherzusagen. Vieles | |
hänge jetzt davon ab, wie die ugandischen Truppen zurückschlagen, glaubt | |
Hogendoorn. "Ein kontrollierter Schlag gegen die al-Shabaab in Somalia | |
würde womöglich den Ugandern helfen. Als willkürlich empfundene Schläge | |
gegen die Bevölkerung aber kämen eher al-Shabaab zugute." Noch am | |
Sonntagabend, nur Stunden nach den Attentaten, wurde aus Mogadischu | |
gemeldet, dass ugandische Soldaten ein dicht bewohntes Wohnviertel mit | |
Granaten und Artillerie beschossen haben. Niemand in Mogadischu glaubt an | |
einen Zufall. "Mit solchen Aktionen haben die Ugander schon in der | |
Vergangenheit ihren Kredit bei der Bevölkerung verspielt", warnt Barnard. | |
"Was Taktik angeht, ist al-Shabaab der ugandischen Armee bei Weitem | |
überlegen." | |
13 Jul 2010 | |
## AUTOREN | |
Marc Engelhardt | |
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