# taz.de -- Terrorangst in Uganda: Aufmarschgebiet der Geheimdienste | |
> Nach Anschlägen auf WM-Endspielzuschauer ist Kampala in | |
> Alarmbereitschaft. Über 60 schwer bewaffnete FBI-Agenten gehen Ugandas | |
> Behörden zur Hand. | |
Bild: Wachsam: FBI-Agent in Ugandas Hauptstadt Kampala. | |
KAMPALA taz | Mit heulender Sirene parkt der Kastenwagen des | |
Bombenentschärfungskommandos am Seitenstreifen der Ggabbastraße in Ugandas | |
Hauptstadt Kampala. Die Straße führt zum Ufer des Victoriasees, wo im | |
Konferenzzentrum in den nächsten zwei Wochen der Halbjahresgipfel der | |
Afrikanischen Union abgehalten wird. Zwei Polizisten steigen aus dem Auto. | |
Sie durchkämmen mit einem Metalldetektor den Grünstreifen am Wegrand. Mit | |
Sicherheitshandschuhen heben sie ein kleines Plastikteil, das im Gestrüpp | |
liegt, auf, verpacken es in eine Box und brausen davon. | |
Fast täglich rückt in diesen Tagen das Bombenentschärfungskommando aus - | |
gut eine Woche nach den Anschlägen während des WM-Endspiels auf die | |
Fußballfans, bei denen 76 Menschen starben und über 80 schwer verletzt | |
wurden. In Ugandas Hauptstadt herrscht höchste Alarmbereitschaft: Vor | |
Supermärkten, Hotels, Diskotheken und Regierungsgebäuden werden | |
Metalldetektoren installiert. | |
Kampala ist zum Aufmarschgebiet für ausländische Geheimdienste geworden. | |
"Über 60 FBI-Agenten", so die US-Botschaft in Uganda, seien schon | |
eingetroffen, um den ugandischen Behörden bei den Ermittlungen zu helfen. | |
Schwer bewaffnet besichtigten sie in den vergangenen Tagen die Tatorte. | |
Auch der israelische Geheimdienst Mossad, Interpol und britische Agenten | |
sind vor Ort. Der äthiopische Geheimdienst warnt Uganda, der Koordinator | |
hinter den Anschlägen vom 11. Juli sei noch im Land. Der südafrikanische | |
Geheimdienst hatte Uganda im Vorfeld vor Attacken gewarnt, berichtet das | |
Wochenmagazin Independent. | |
Der Verdacht erhärtet sich, dass hier Selbstmordattentäter am Werk waren. | |
An beiden Tatorten waren jeweils Kopf und Gliedmaßen gefunden worden - der | |
Torso fehlte, typisch für die Detonation von Sprengstoffgürteln, die am | |
Oberkörper getragen werden, sagen Experten. Die Identität der beiden Köpfe | |
sorgt derzeit für Rätsel. Der eine sehe eher aus wie ein Somali, sagen | |
Ermittler inoffiziell. Der andere sei wohl ein Ugander. Mit Hilfe | |
ausländischer Software haben die Ermittler nun aus den abgetrennten Köpfen | |
Täterfotos rekonstruiert und unter Journalisten verteilt. | |
Fast täglich nimmt die ugandische Polizei Verdächtige fest, die meisten | |
Ausländer. Von "mehr als 20" spricht Polizeichef Kayihura mittlerweile, | |
darunter Somalis sowie einige Pakistanis. Eine E-Mail mit dem Betreff | |
"Asalaam Alaikum" erreichte die Nachrichtenredaktion des Monitors am | |
Freitag, gesendet von einem angeblichen Al-Shabaab-Sprecher, der | |
Journalisten auffordert, den Koordinator der al-Shabaab in Kampala zu | |
interviewen. Genannt war ein Name sowie die Adresse einer pakistanischen | |
Softwarefirma in Kampalas Innenstadt. Unter den Festgenommenen seien auch | |
Angestellte dieser Firma sowie weitere Pakistani, die in Westuganda | |
festgenommen wurden. "Sie haben hier Jugendliche rekrutiert, um sie mit | |
nach Pakistan zu nehmen, sie müssen erklären, für welchen Zweck", sagt | |
Kayihura. | |
Niemand zweifelt mehr daran, dass es sich bei den Anschlägen um ein Werk | |
der somalischen al-Shabaab handelt. Die Islamisten hatten sich bereits am | |
Tag nach den Attacken dazu bekannt. Sie hätten sich Kampala als | |
Anschlagsziel ausgesucht, weil Uganda mehr als die Hälfte der fast 6.000 | |
Friedenstruppen der AU-Mission in Mogadischu (Amisom) stellt. | |
Viel mehr Sorgen macht den ugandischen Ermittlern die angebliche Vernetzung | |
der al-Shabaab mit ugandischen ADF-Rebellen im kongolesischen Dschungel | |
sowie mit dem Terrornetzwerk al-Qaida von Ussama Bin Laden. Ein UN-Experte | |
im Ostkongo bestätigt: ADF-Rekruten aus Kampala seien jüngst von | |
somalischen Trainern ausgebildet worden. "Morgens unterrichten sie die | |
islamistische Auslegung des Korans, nachmittags den Bau von Sprengsätzen | |
und die Benutzung von Maschinengewehren", sagt der Experte. Bereits 2006 | |
seien in ADF-Dschungelcamps Videos von Selbstmordattentaten in Mogadischu | |
gefunden worden. | |
Eine mögliche Zusammenarbeit der verschiedenen Organisationen könnte den | |
Terrorismus in Afrika auf eine neue Ebene heben. Denn im Ostkongo und den | |
umliegenden Ländern tummeln sich dutzende Rebellengruppen, die über | |
genügend Vor-Ort-Kenntnisse verfügen, um Anschläge dieser Art mithilfe | |
internationaler Terrorgruppen ausführen zu können. | |
20 Jul 2010 | |
## AUTOREN | |
S. Schlindwein | |
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