# taz.de -- Terror in Uganda: Somalische Flüchtlinge in Panik | |
> Exil-Somalis in Uganda sind durch die Anschläge der islamistischen | |
> somalischen Shabaab-Miliz in Angst und Schrecken versetzt worden. Ihre | |
> Situation wir dadurch auch in Uganda komplizierter. | |
Bild: Eine Kämpferin der somalische Shabaab-Miliz während einer Demonstartion… | |
KAMPALA taz | Die somalische Botschaft in Ugandas Hauptstadt Kampala ist | |
eine verfallene Villa mitten in der Innenstadt. Strom und Wasser sind seit | |
Jahrzehnten abgestellt, es sei lebensgefährlich, die Treppenstufen oder den | |
Balkon zu betreten, warnt Botschafter Sayid Ahmed Sheikh Dahir. Deswegen | |
sitzt er lieber an seinem Schreibtisch im großen Garten unter einem | |
Mangobaum. "Wir Somalis leben seit mehr als 20 Jahren unter schwierigen | |
Bedingungen, aber jetzt wird es wohl noch schlimmer", seufzt er. | |
Am Sonntagabend waren in Kampala drei Sprengsätze explodiert, zwei davon | |
mutmaßliche Selbstmordattentäter. Über 80 Menschen wurden ernsthaft | |
verletzte, die Zahl der Toten ist mittlerweile auf 76 gestiegen. Die | |
islamistische somalische Shabaab-Miliz bekannte sich am Montag und warnte | |
Uganda und Burundi, die beiden AU-Truppensteller in Somalia, vor weiteren | |
Anschlägen. Doch Dahir ist vorsichtig: "Die ugandische Polizei ermittelt | |
noch", sagt der Botschafter. Er habe seine Landsleute in Uganda | |
aufgefordert, den Behörden zu helfen. | |
Polizisten fanden am Tatort zerstreut Kopf und Beine einer Person, doch | |
keinen Torso - für viele ein Indiz eines Selbstmordattentäters. Der Kopf | |
sehe somalisch aus, sagen die Ermittler inoffiziell. Offiziell spricht | |
Polizeichef Kale Kayihura von den mutmaßlichen Tätern als "Ausländer". In | |
einer Diskothek im Vorort Makindye, in der ebenfalls das WM-Endspiel lief, | |
fand die Polizei am späten Montag eine Laptoptasche mit einem unbenutzten | |
Sprengstoffgürtel. Daraufhin wurden vier "ausländische Verdächtige" | |
verhaftet, bestätigt Kayihura. | |
Diese Nachricht verbreitet Panik in der somalischen Exilgemeinde. Omar | |
Gutale blickt sich immer wieder nervös um in seiner Hinterhaus-Imbissbude. | |
Der somalische Journalist lebt seit zwei Jahren als Flüchtling in Kampala. | |
"Ich bin vor al-Shabaab geflohen, doch jetzt verfolgen sie uns auch hier", | |
murmelt Gutale. "Niemand von uns weiß, ob unter uns ein paar | |
Shabaab-Schläfer sind - man erkennt sie erst, wenn sie sich in die Luft | |
jagen." Als ehemaliger Direktor des unabhängigen TV- und Radiosenders GBC | |
war Gutale in Somalia direkt bedroht, sein Büro in Mogadishu wurde mehrfach | |
beschossen. Deswegen floh er nach Uganda. Als er jetzt die Nachricht von | |
den Anschlägen im Fernsehen sah, stand er wie unter Schock: "Ich dachte, | |
ich bin zurück in Mogadischu. | |
Viele Somalis, Eritreer, Äthiopier und Kongolesen haben in Kampala eine | |
zweite Heimat gefunden. Die meisten der rund 10.000 Somalis leben rund um | |
die Moschee in Kisenyi, ein geschäftiges Altstadtviertel voller | |
Kaffeestuben und Halal-Imbissen. Aber am Montagabend waren Kisenyis | |
staubige Gassen nach Einbruch der Dunkelheit "wie ausgestorben", sagt | |
Gutale. Die Exilgemeinde sei gefangen "zwischen unseren Feinden in | |
al-Shabaab und den Ugandern, die uns nun alle verdächtigen." | |
Ein elegant gekleideter somalischer Geschäftsmann begrüßt Gutale und setzt | |
sich neben ihn. Textilhändler Bashi Abdi Moalin kam erst vor vier Monaten | |
aus dem sicheren Exil in Kanada nach Uganda, um ein Bekleidungsgeschäft zu | |
eröffnen - ausgerechnet im Einkaufszentrum gegenüber vom Rugby-Stadion, wo | |
zwei der Bomben explodierten. "Seit Montag kann ich mein Geschäft nicht | |
mehr besuchen", sagt er. "Wenn ich als Somali mein Auto dort parke, muss | |
ich unangenehme Fragen beantworten." Die Ugander würden keinen Unterschied | |
machen zwischen "uns Opfern von al-Shabaab und diesen Verrückten, die die | |
Bomben zünden", sagt er und vergleicht Kampala nach den Anschlägen mit New | |
York nach dem 11. September 2001. "Ich fürchte, dass viele Somalis | |
unangenehm verhört werden." | |
13 Jul 2010 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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