# taz.de -- Sarkozy gibt sich ein Interview: Der Präsident mimt den Saubermann | |
> In einem Fernsehinterview im Garten des Elysée weist Frankreichs | |
> Präsident jeden Verdacht von sich, in eine Spendenaffäre verwickelt zu | |
> sein. Und opfert seine Schatzmeister. | |
Bild: Mal pathetisch feierlich, mal gestikulierend hektisch - Frankreichs Präs… | |
Die Bettencourt-Affäre mit ihren sukzessiven Enthüllungen über | |
Steuerbetrug, Spenden und Verfilzung von Macht und Kapital hat dem | |
französischen Staatschef nicht die Sprache verschlagen. Auf den dringenden | |
Rat von Freunden der bürgerlichen Regierungsmehrheit stellte er sich am | |
Montagabend einer Befragung. Nicht vor einem Richter, sondern durch einen | |
Fernsehjournalisten des staatlichen Senders France-2. Er begab sich dazu | |
nicht ins Studio, sondern unterhielt sich mit dem ihm gegenübersitzenden | |
Fragesteller David Pujadas an einem Tisch im Garten des Élysée-Palasts. | |
Der sommerlich lockere Rahmen stand im Widerspruch zur gegenwärtigen | |
politischen Spannung um die Bettencourt-Spendenaffäre. Der arme Poujadas | |
musste schnell verstehen, dass sich seine Rolle darauf beschränkte, dem | |
Plädoyer in eigener Sache den Anschein eines Dialogs zu geben. Kein | |
einziges Mal fragte er wirklich nach. Das Onlinemagazin Mediapart, das in | |
der Bettencourt-Affäre den Staatschef durch Enthüllungen in die Bredouille | |
gebracht hatte, fand, der Fernsehmann sei nicht mehr als eine "Klimaanlage" | |
gewesen. | |
Gleich zu Beginn stellte der Präsident mit der ganzen Autorität seines | |
Amtes klar, dass er überhaupt nicht daran denke, seinen Arbeitsminister | |
Eric Woerth fallen zu lassen. Woerth ist in der Bettencourt-Affäre wegen | |
des Verdachts auf illegale Wahlspenden und Interessenkonflikte schwer unter | |
Beschuss geraten. Deswegen musste er gestern dem "Ratschlag" des | |
Präsidenten folgen und als Schatzmeister der Regierungspartei abtreten. | |
Damit hat dieser Skandal doch ein erstes Opfer gefordert. | |
Die vorsichtige Erkundigung, wie es um seine eigene Verwicklung in die | |
Affäre um illegale Spenden durch Liliane Bettencourt stehe, wies Sarkozy | |
durch aggressive Gegenfragen in die Schranken: "Wurde etwa mein Name | |
genannt?" Und noch forscher: "Sehe ich aus wie einer, der zu den | |
Bettencourts zum Diner geht und dann mit einem Umschlag das Haus verlässt?" | |
Fast großmütig erklärt der abwechselnd heftig gestikulierende und dann | |
wieder fast feierlich ernst werdende Sarkozy, er habe nichts anderes | |
erwartet als solche Attacken, weil seine Reformpolitik gewisse Kreise | |
störe. Er macht hinter diesen "üblen Verleumdungen" seine politischen | |
Gegner aus, die mit seinem Minister Woerth die Rentenreform oder ihn selber | |
zu Fall bringen wollten. Das aber werde nicht gelingen. In der Rolle des | |
"Opfers" sei Sarkozy nicht sehr glaubwürdig und solche Komplotttheorien | |
seien die klassische Ausrede von Staatsmännern, die mit dem Rücken zur Wand | |
stehen, kommentiert die Zeitung Libération. | |
13 Jul 2010 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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