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# taz.de -- Bettencourt-Affäre in Frankreich: Staatsanwalt gerät ins Zwielicht
> Der für die Ermittlungen der Bettencourt-Affäre zuständige Mann trägt den
> Titel "Staatsanwalt des Präsidenten". Ausgerechnet er soll herausfinden,
> ob Sarkozy Geld erhielt.
Bild: Sieht sich als Opfer böswilliger Verdrehungen: Nicolas Sarkozy.
Zum Montagabend hat sich Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy beim
öffentlichen Fernsehsender France-2 als Interviewgast selbst ins Studio
eingeladen. Er will seine Sparpolitik und seine Rentenreform verteidigen.
Doch in Wirklichkeit geht es ihm darum, zu den gravierenden Vorwürfen
Stellung zu nehmen, er habe direkt oder indirekt wie andere Politiker auch
von der Milliardärin Liliane Bettencourt oder zuvor von ihrem Gatten, dem
bürgerlichen Exminister André Bettencourt, unter der Hand Geld erhalten.
Auf die Details der bisherigen Enthüllungen in dieser Affäre wird Sarkozy
kaum eingehen. Darüber fühlt er sich erhaben. Er bezeichnet sich und auch
seinen treuen Eric Woerth, der in seiner Doppelrolle als Minister und
Schatzmeister der Regierungspartei und der Wahlkampagne des Kandidaten
Sarkozy massiv unter Beschuss geraten ist, als Opfer böswilliger
Verdrehungen.
Seit Tagen schießen die Mitarbeiter des Präsidenten aus allen Rohren auf
die Medien, die sich mit ihren Recherchen erfrecht haben, den Verdacht auf
illegale Wahlfinanzierung gegen Nicolas Sarkozy zu nähren. Dem
Enthüllungsjournalisten Edwy Plenel, Gründer des Onlinemagazins
"Mediapart", wurden pauschal "faschistische Methoden" vorgeworfen und er
wurde als "notorischer Verleumder" attackiert.
Der Druck auf Sarkozy und seinen Arbeitsminister hat aber nicht
nachgelassen, bloß weil die frühere Buchhalterin der Milliardärin Liliane
Bettencourt teilweise ihre Anschuldigungen gegen Sarkozy zurückgenommen
hat. Eine weitere Zeugin, die ehemalige Sekretärin des 2007 verstorbenen
André Bettencourt, hat zudem bestätigt, ohne neue Namen zu nennen, dass
Geldgeschenke an Politiker bei den Bettencourts üblich und allen im Hause
bekannt gewesen seien.
Aus der politischen Finanzaffäre droht nun auch noch ein Justizskandal zu
werden. Seit Tagen wird der Ruf nach einer Überprüfung der Vorwürfe durch
einen unabhängigen Untersuchungsrichter laut. Mit den Ermittlungen befasst
sich aber bisher der Staatsanwalt von Nanterre, Philippe Courroye, bei dem
eine Klage wegen der illegalen Abhörung von Gesprächen zwischen Liliane
Bettencourt und ihrem Berater Patrice de Maistre durch den Butler
eingereicht worden war. Er hat auch eine Voruntersuchung wegen eventueller
Geldwäscherei im Zusammenhang mit Steuerbetrug (durch Liliane Bettencourt)
eingeleitet. Courroye ist in Paris als "Staatsanwalt des Präsidenten" wegen
seiner persönlichen Freundschaft mit Sarkozy bekannt. Das ist zwar kein
Verbrechen, stellt in diesem Fall aber seine Unvoreingenommenheit in Frage,
da er selber durch die Tonbandaufzeichnungen ins Zwielicht geraten ist.
Aus den bespitzelten Dialogen geht nämlich hervor, dass er Sarkozy über den
Verlauf des Verfahrens gegen Bettencourts Protégé, den mit annähernd einer
Milliarde Euro beschenkten Fotografen François-Marie Banier, informiert
haben könnte. Dass ausgerechnet Courroye urteilen soll, was in dieser
Staatsaffäre Wahrheit oder Unterstellung ist, schafft nur neuen Verdacht
statt Hoffnung auf Klarheit. Als Staatsanwalt, der den Weisungen des
Justizministeriums folgen muss, kann er nach geheimen Ermittlungen ein
Verfahren ohne Begründung einstellen. Auch das ist ein Grund, weshalb die
Opposition die Ernennung eines unabhängigen Untersuchungsrichters fordert.
11 Jul 2010
## AUTOREN
Rudolf Balmer
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