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# taz.de -- Bettencourt-Affäre in Frankreich: Unter Freunden
> Nach dem Rücktritt von Schatzmeister Eric Woerth werden weitere Details
> des Parteispendenskandals bekannt. So soll Woerth ein Luxusgrundstück zum
> Freundschaftspreis vergeben haben.
Bild: Und Tschüss! Der zurückgetretene Schatzmeister der Regierungspartei UMP.
PARIS taz | Alles nur Lüge und üble Verleumdung, hatte Präsident Sarkozy zu
den peinlichen Enthüllungen in der Bettencourt-Affäre gesagt. Doch wenn er
glaubte, mit seinem gut inszenierten Auftritt und seinem Machtwort einen
Schlussstrich unter diese Fortsetzungsgeschichte gesetzt zu haben, hat er
sich getäuscht.
Die Französinnen und Franzosen, die sich seine Onemanshow angesehen haben,
ließen sich mehrheitlich nicht überzeugen. Laut einer Umfrage für die
Zeitung „Le Parisien“ fanden 57% der Leute den Präsidenten nicht
glaubwürdig. Speziell unbefriedigt sind sie mit 62% von seinen Auskünften
zur Bettencourt-Affäre und seinem Plädoyer für den unter Beschuss geratenen
Minister Eric Woerth. Zu sehr ähnlichen Ergebnissen gelangte auch „Le
Figaro“.
Sarkozys Versuch, den Skandal aus der Welt zu reden und das Thema zu
ändern, um mit der Rentenreform zu seiner politischen Routine
zurückzukehren war vergebene Mühe. Selbst die Tatsache, dass
Arbeitsminister Woerth am Tag nach Sarkozys Fernsehauftritt dessen
„Ratschlag“ beherzigte und seinen Rücktritt als Schatzmeister und
Spendeneintreiber der Regierungspartei UMP per 30. Juli ankündigte,
verminderte den Druck auf die Regierung kaum. Im Gegenteil: dadurch
entstand der Eindruck, Woerth räume somit ein, dass zwischen seiner Rolle
als Minister und seinem Amt als Schatzmeister der UMP eben doch ein
Interessenkonflikt bestehen könnte.
Neue Enthüllungen und Rückschläge für die Staatsführung ließen nicht lange
auf sich warten. Der „Nouvel Observateur“ publizierte ein neues Dokument
aus dem Jahr 2006. Darin werden - noch vor dem Beginn der
Präsidentschaftskampagne von 2007 - die Modalitäten von Spenden der
Bettencourt-Familie für die UMP und ein gewisser „NS“ zu Händen von Woerth
erwähnt. Kompromittierend für denselben Woerth sind die Berichte der
Wochenzeitung „Le Canard Enchaîné“ und des Magazins „Marianne“ über …
Grundstück-Deal in Compiègne, unweit von Chantilly, wo er seit 1995
Bürgermeister ist. Sechs Tage vor seinem Wechsel vom Haushalts- ins
Arbeitsministerium habe Woerth persönlich noch schnell einen
Grundstückverkauf abgewickelt.
Ein 57 Hektar großes Gelände wurde von Woerth gegen den Willen des
Landwirtschaftsministeriums für 2,5 Millionen Euro an die von einem
Bekannten geleitete private Rennsportvereinigung Société des courses de
Compiègne (SCC) abgetreten. Das Areal verfügt über einen Golfplatz sowie
eine Pferderennbahn und gehörte dem staatlichen Forstamt. Den Berichten
zufolge soll dieser Preis nach Meinung eines Richters des Rechnungshofs
fast zehn Mal unter dem Marktwert liegen. Schockierend daran sei nicht nur
der Freundschaftspreis, sondern auch die Tatsache, dass der Verkauf nicht
öffentlich ausgeschrieben wurde. SCC arbeitet eng mit der Vereinigung
„France Galop“ der Ministergattin Florence Woerth zusammen. Was wie so
vieles in dieser vielfältigen Affäre reinster Zufall sein muss...
Sorgen muss sich die Staatsführung wegen der Ermittlungen durch die Justiz
machen. Zwar ist Philippe Courroye der Staatsanwalt von Nanterre dem
Justizministerium unterstellt und zudem ein persönlicher Freund des
Staatspräsidenten. Trotzdem ließ er mehrere Durchsuchungen bei Mitarbeitern
von Liliane Bettencourt und in deren eigenen Buchhaltungsbüros durchführen.
Trotz dieses Eifers konnte Courroye nicht verhindern, dass die Vorsitzende
des Strafgerichts, Isabelle Prévost-Desprez parallel dazu eine eigene
Voruntersuchung einleiten darf. Das entschied das Berufungsgericht in
Ablehnung einer Einsprache des Staatsanwalts Courroye. Die bekannte
Rivalität zwischen den beiden soll nun der Auffindung der Wahrheit dienen.
14 Jul 2010
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Schwerpunkt Frankreich
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