# taz.de -- Pakistans Geheimdienst: Mauscheln mit den Taliban | |
> Die auf Wikileaks veröffentlichten Geheimberichte legen nahe, dass | |
> Pakistans Geheimdienst die Taliban heimlich unterstützt. In Pakistan wird | |
> dies heftig dementiert. | |
Bild: Die Pakistanische Armee übt für den Kampf gegen die Taliban - der Gehei… | |
Auch die Regierung in Pakistan ist durch die Wikileaks-Veröffentlichung in | |
Bedrängnis geraten. Etliche der veröffentlichten Geheimdokumente legen | |
nahe, dass Pakistans Geheimdienst ISI bis heute heimlich die afghanischen | |
Taliban unterstützt. | |
Demnach soll Pakistan zwischen Januar 2004 und Dezember 2009 Treffen | |
zwischen ISI-Mitarbeitern und hochrangigen Taliban-Anführern gebilligt | |
haben. Dabei sollen die Geheimdienstmitarbeiter sogar an Mordplänen gegen | |
afghanische Taliban-Anführer beteiligt gewesen sein. | |
Pakistans Botschafter in Washington, Husein Haqqani, wies die Vorwürfe | |
zurück. Er sagte, die "unverarbeiteten" Berichte spiegelten nicht die | |
Realität wider. "Ich denke, die US-Führung weiß, was Pakistan tut", sagte | |
Haqqani. | |
Exgeheimdienstchef Hamid Gul wird in den mehr als 90.000 Seiten starken | |
Berichten mehrfach als wichtige Kontaktperson zwischen dem ISI und den | |
afghanischen Taliban genannt. Gul war von 1986 bis 1989 ISI-Chef. In dieser | |
Zeit hat er eng mit dem US-Geheimdienst CIA zusammengearbeitet und den | |
Kampf der Mudschaheddin gegen die sowjetischen Besatzer unterstützt. Später | |
soll der ISI Guls Kontakte genutzt haben, als Islamabad die Taliban | |
aufgebaut und unterstützt hat. | |
Doch auch er wies die Anschuldigungen empört zurück. "Diese | |
durchgesickerten Dokumente gegen mich sind nichts als Fiktion", sagte Gul | |
dem Wall Street Journal. Er räumte jedoch ein: "Ich bin nicht gegen die | |
USA, aber ich bin dagegen, was die USA in Afghanistan tun." Guls Sichtweise | |
ist in Pakistan hinreichend bekannt. Er tritt häufig in Talkshows auf und | |
gibt Interviews, in denen er Washingtons Afghanistanpolitik scharf | |
kritisiert. Ein ISI-Sprecher erklärte am Montag, Gul arbeite nicht mehr für | |
den ISI, seit er den Geheimdienst verlassen habe. Tatsächliche Beweise | |
liefern die Geheimdokumente nicht. Viele von ihnen stammen vermutlich aus | |
dem Umfeld des afghanischen Geheimdiensts, der überwiegend kritisch | |
gegenüber Islamabad eingestellt ist. Doch einige der Berichte beziehen sich | |
auf Quellen, die von US-Militärs als "vertrauenswürdig" eingestuft worden | |
sind. | |
Dabei sind die Vorwürfe, wonach Islamabad mit den USA ein doppeltes Spiel | |
spielt, nicht neu. Analysten in Islamabad verweisen häufig darauf, dass | |
Pakistans Sicherheitsapparat seine "Interessen in der Region" verteidige. | |
Dabei stehe der Einfluss auf Afghanistan ganz oben auf der Liste. Islamabad | |
sieht Afghanistan als Teil seiner "strategischen Tiefe" - also etwa als | |
potenziellen Rückzugsraum im Fall eines Kriegs mit Indien. | |
Die Kontakte zwischen dem ISI und den afghanischen Taliban sind in den | |
vergangenen Jahren schon mehrfach deutlich ans Tageslicht gekommen. Nach | |
einem schweren Anschlag auf die indische Botschaft in Kabul hat der | |
stellvertretende CIA-Chef Stephen R. Kappes im Juli 2008 Pakistan offen mit | |
Beweisen konfrontiert, wonach der ISI an den Planungen beteiligt war. | |
Erst vor wenigen Wochen haben Pakistans Behörden binnen weniger Tage zwei | |
Dutzend hochrangige afghanische Taliban-Anführer in Pakistan festgenommen. | |
Kurz zuvor hatten die USA Friedensgespräche mit den Militanten in Aussicht | |
gestellt. Pakistan wollte sich offenbar die möglicherweise letzte Chance, | |
auf die Zukunft Afghanistans einzuwirken, nicht entgehen lassen und hat | |
vorsorglich viele der möglichen Gesprächspartner in Gewahrsam genommen. | |
Deren Aufenthaltsort in Pakistan war den Behörden ganz offensichtlich | |
bekannt. SASCHA ZASTIRAL | |
27 Jul 2010 | |
## AUTOREN | |
Sascha Zastiral | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Debatte Afghanistan: Außen vor | |
Die Wikileaks-Dateien zeigen: Es gibt zwei Kriege am Hindukusch – einen | |
offiziellen und einen geheimen. Der Letztere hat kein deutsches Mandat. | |
Afghanistan-Krieg: Holland geht | |
Am Sonntag beginnen die Niederländer mit dem Abzug ihrer Truppen. Verfrüht, | |
meinen Militärs und zivile Helfer vor Ort. Ihr Abzug könnte das Ende | |
moderater Fortschritte bedeuten. | |
US-Reaktionen auf Afghanistan-Dokumente: Strategie der Verharmlosung | |
Die Mitarbeiter von Barack Obama spielen die Bedeutung der Dokumente | |
herunter. Ihre Wut richtet sich gegen Wikileaks und die beteiligten Medien. | |
Kommentar Afghanistan-Dokumente: Die schmutzige Realität | |
Jetzt ist es amtlich: Auch nach Einschätzung der Militärs hat die | |
Bundeswehr mit ihrem Mandat nichts mehr in Afghanistan zu suchen. Sie muss | |
abgezogen werden. | |
Dokumente zum Afghanistan-Einsatz: Logbuch des Krieges | |
Die Militär-Dokumente belegen, dass es eine geheime US-Einheit in | |
Afghanistan gibt, die Taliban gezielt jagt und tötet. Damit werden die | |
PR-Strategen widerlegt. | |
Afghanistan-Protokolle von Wikileaks: Die neue Weltmedienmacht | |
Für eine der größten Enthüllungen seit Jahren arbeitete die Internetseite | |
"Wikileaks" mit drei klassischen Medien zusammen. Diese jubeln. Denn: Sie | |
fühlen sich gebraucht. |