Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar Afghanistan-Dokumente: Die schmutzige Realität
> Jetzt ist es amtlich: Auch nach Einschätzung der Militärs hat die
> Bundeswehr mit ihrem Mandat nichts mehr in Afghanistan zu suchen. Sie
> muss abgezogen werden.
Niemand kann jetzt noch sagen, er habe nicht gewusst, dass nichts gut ist
in Afghanistan. Nicht zuletzt für den Einsatz der Bundeswehr ist schwarz
auf weiß belegt, und zwar von den Militärs selbst: Die Beteiligung
deutscher Soldaten am Afghanistankrieg ist durch das Mandat des Bundestages
nicht gedeckt. Dahinter kann nun niemand mehr zurück.
Was ist passiert: In der Nacht zum Montag wurde internationale
Mediengeschichte geschrieben. In einer bis dato nie da gewesenen
konzertierten Aktion haben die Macher von Wikileaks großen Medienhäusern
detaillierte Informationen zugespielt, die alle Befürchtungen und
Mutmaßungen der Kriegskritiker belegen: Der Krieg in Afghanistan ist weit
mehr außer Kontrolle geraten, als die Verantwortlichen zugeben. Die
schmutzige Realität ist nun amtlich.
So zeigen die rund 90.000 Dokumente, dass die Vorstellung, die
Vorherrschaft der Taliban durch gezielte Tötungen zu beenden, in den
vergangenen neun Jahren nicht funktioniert hat und es keine Anzeichen gibt,
dass sich das ändern wird. Letztlich belegen die ehemals geheimen Notizen
und Berichte der Militärs: Der Konflikt dehnt sich immer weiter aus.
Die Religion, auch das ist jetzt offiziell, wird von den Taliban genutzt,
um ihre Macht zu sichern, damit sie mit dem Drogenhandel weiterhin
Geschäfte machen können. Sie ist nicht der Angelpunkt ihres Tuns. Es geht
nicht um Islam, Moral und Werte. Es geht um Macht. Es geht um Geld. Was
also muss nun passieren?
Ganz grundsätzlich gilt: Wer über einen Kriegseinsatz entscheidet, muss
seine Kriegsziele darlegen und begründen, warum sie richtig und auch zu
erreichen sind. Und zwar immer wieder aufs Neue. Die politische Diskussion
muss folglich ergebnisoffen geführt werden. Es muss möglich sein,
einzugestehen, dass die Bundeswehr ihrem Mandat, Aufbauhilfe zu leisten,
unter den gegebenen Bedingungen nicht nachkommen kann. Selbst wenn eine
solche Debatte den Gegner, in dem Fall die Taliban, stärkt.
Und noch ein weiteres Argument gilt für den Einsatz deutscher Truppen. Wer
Teil einer internationalen Kriegsmaschinerie ist, kann das Einhalten seines
eigenen Mandats nicht mehr selbst kontrollieren. Zumal bei einem Krieg, der
so offensichtlich völlig eskaliert.
Dass im deutschen Lager Masar-i-Scharif Scharfschützen beherbergt werden,
die Männer, Frauen und Kinder töten - und das belegen die Dokumente -,
verstößt eindeutig gegen das deutsche Mandat. Damit haben es jene, die
schon lange den Abzug der Bundeswehr fordern, nun schriftlich: Auch nach
Einschätzung der Militärs hat die Bundeswehr mit ihrem Mandat in
Afghanistan nichts zu suchen. Sie muss abgezogen werden.
26 Jul 2010
## AUTOREN
Ines Pohl
## ARTIKEL ZUM THEMA
Pakistans Geheimdienst: Mauscheln mit den Taliban
Die auf Wikileaks veröffentlichten Geheimberichte legen nahe, dass
Pakistans Geheimdienst die Taliban heimlich unterstützt. In Pakistan wird
dies heftig dementiert.
US-Reaktionen auf Afghanistan-Dokumente: Strategie der Verharmlosung
Die Mitarbeiter von Barack Obama spielen die Bedeutung der Dokumente
herunter. Ihre Wut richtet sich gegen Wikileaks und die beteiligten Medien.
Dokumente zum Afghanistan-Einsatz: Logbuch des Krieges
Die Militär-Dokumente belegen, dass es eine geheime US-Einheit in
Afghanistan gibt, die Taliban gezielt jagt und tötet. Damit werden die
PR-Strategen widerlegt.
Afghanistan-Protokolle von Wikileaks: Die neue Weltmedienmacht
Für eine der größten Enthüllungen seit Jahren arbeitete die Internetseite
"Wikileaks" mit drei klassischen Medien zusammen. Diese jubeln. Denn: Sie
fühlen sich gebraucht.
Krieg in Afghanistan: Wikileaks publiziert Geheimprotokolle
Ein Desaster für das Pentagon: 92.000 Militär-Dokumente wurden von der
Plattform Wikileaks ins Netz gestellt. Sie belegen, wie schlecht es um den
Kampf gegen die Taliban steht.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.