# taz.de -- Brennelemente-Steuer: Die Wut der Atomlobby | |
> Die Atomlobby ist erzürnt über die Brennelementesteuer und droht mit | |
> einer Klage. Die Steuer sei "wie ein Blitz aus heiterem Himmel" gekommen | |
> und drohe die Branche zu "erdrosseln". | |
Bild: Die Steuer soll der Sanierung des Atomendlagers Asse dienen. | |
Die Vehemenz, mit der die CDU einst für die Laufzeitverlängerung von | |
Atomkraftwerken kämpfte, schwindet zusehends. Wie das Handelsblatt gestern | |
berichtete, glaubt in den Regierungsfraktionen kaum noch jemand an einen | |
"echten Ausstieg aus dem Ausstieg". Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) | |
rücke inzwischen von der Atomenergie ab, hieß es. Zeitgleich bekräftigte | |
auch Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) in der Süddeutschen Zeitung, dass | |
für ihn "die Kernkraft nicht die Zukunftsoption" sei. | |
Zwar hält die Bundesregierung noch immer an ihrem Ansinnen fest, die | |
Laufzeiten zu verlängern, doch die Zahl der angepeilten zusätzlichen Jahre | |
ist inzwischen deutlich geringer, als man sie vor der Bundestagswahl und | |
auch in den vergangenen Monaten noch diskutierte. Röttgen argumentiert | |
inzwischen damit, dass ohne Beteiligung des Bundesrats lediglich eine | |
moderate Verlängerung von einigen Jahren möglich sei. Von Kanzlerin Merkel | |
indessen ist zu dem Thema so gut wie gar nichts zu hören - womit sie | |
gleichwohl Fakten schafft. Denn die Zeit spielt den Befürwortern des | |
Ausstiegs in die Hände, weil einige Meiler kurz vor dem Ende ihrer ihnen | |
einst zugebilligten Stromkontingente stehen. "Die Untätigkeit der Kanzlerin | |
hat Methode", ist daher bereits aus der Unionsfraktion zu hören. | |
Weil die Regierung gleichwohl an ihrem grundsätzlichen Ziel festhält, die | |
Meiler länger als derzeit nach dem Atomgesetz zulässig laufen zu lassen, | |
ist ihr Verhältnis zur Opposition weiterhin angespannt. Röttgen erklärte | |
zwar, er wolle die Länder in die Erstellung eines nationalen | |
Energiekonzepts einbinden, weshalb er sich am Donnerstag mit den | |
Landesumweltministern traf; doch angenähert hat man sich offenbar nicht. | |
Die rheinland-pfälzische Umweltministerin Margit Conrad (SPD) sprach | |
anschließend von einer "Alibiveranstaltung", auf der deutlich geworden sei, | |
"dass der Bund die Länder nicht ernsthaft einbinden will". Röttgen | |
beschwerte sich unterdessen, dass SPD und Grüne "leider nicht bereit" | |
seien, über Laufzeitverlängerungen zu reden: "Sie verweigern sich der | |
Verantwortung." | |
Erzürnt über die Abkehr der Union von ihrem eigentlichen Plan reagiert | |
inzwischen die Atomlobby - mehr noch als die so zähe Diskussion über die | |
Laufzeitverlängerung erregt sie aber die geplante Brennelementesteuer. Denn | |
die neue Steuer, die "wie ein Blitz aus heiterem Himmel" gekommen sei, | |
drohe die Branche zu erdrosseln, sagte der Präsident des Deutschen | |
Atomforums, Ralf Güldner. Er rechne sogar mit einer Belastung für die | |
Branche von 2,8 Milliarden Euro im Jahr, statt der von der Bundesregierung | |
kalkulierten Summe von 2,3 Milliarden. Güldner drohte, dass die Unternehmen | |
bereit seien, gegen die Brennelementesteuer zu klagen. | |
Röttgen bekräftigte hingegen, dass er die Steuer für richtig halte. Sie | |
werde einerseits der Sanierung des Atomendlagers Asse dienen, zum anderen | |
aber auch der Konsolidierung des Haushaltes. Unterstützung bekommt er dafür | |
sogar von bislang ungewohnter Seite: Das Forum Ökologisch-Soziale | |
Marktwirtschaft e. V. (FÖS), einst unter dem Namen "Förderverein | |
Ökologische Steuerreform" gegründet, begrüßte gestern die Steuerpläne. Mit | |
diesen zeige "die Bundesregierung den Mut, fiskalisches Sparen mit | |
ökologischem Handeln zu verbinden". | |
Umweltminister Röttgen, der nach eigenem Bekunden "aus der Partei und in | |
der Bevölkerung breite Unterstützung" für seine Pläne erhält, positionierte | |
sich unterdessen als Freund des Kompromisses: In der Energiepolitik sei es | |
sinnvoll, einen breiten ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen | |
Konsens zu suchen, sagte er. Die Energiepolitik sei einfach "kein Thema, wo | |
sich bei jeder Bundestagswahl der Kurs um 180 Grad drehen sollte." | |
31 Jul 2010 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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