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# taz.de -- Klimaspeicher versagt: Warme Seen schwitzen Kohlendioxid
> Wenn die Wassertemperatur ansteigt, könnten Millionen von Binnenseen ihre
> Fähigkeit verlieren, mehr Kohlendioxid zu speichern anstatt freizugeben.
Bild: Bei hohen Wassertemperaturen wird das Klimagas Kohlendioxid freigesetzt.
STOCKHOLM taz | Nicht nur die großen Ozeane sind gewaltige
Kohlendioxid-Speicher. Auch in den Binnenseen sind große Mengen an CO2
gebunden. Doch wenn es den Seen zu warm wird, nimmt ihre Fähigkeit zur
CO2-Speicherung radikal ab. Stattdessen tragen sie durch eine steigende
Freisetzung dieses Klimagases zu einer noch schnelleren Aufwärmung der
Erdatmosphäre bei.
Mit diesem Mechanismus haben sich jetzt schwedische WissenschaftlerInnen
beschäftigt. Ihre Forschungsergebnisse sind im britischen
Wissenschaftsmagazin Nature veröffentlicht. Ihr beunruhigendes Fazit: Die
Fähigkeit von Binnenseen, CO2 zu speichern, hängt viel weniger als bislang
vermutet davon ab, wo dieser See genau liegt, welche und wie viele
Nährstoffe er enthält und wie die chemische Zusammensetzung von Grund und
Boden aussieht. "Alle diese Faktoren spielen nur eine untergeordnete
Rolle", sagt Lars Tranvik, Professor für Limnologie an der Universität
Uppsala und einer der Verfasser der Studie: "Entscheidend ist die
Temperaturabhängigkeit. Hier gibt es einen direkten Zusammenhang."
Steigt also die Durchschnittstemperatur der Erdatmosphäre an, werden
Binnen- und Stauseen mit steigenden Wassertemperaturen die Fähigkeit,
Kohlendioxid zu binden, immer mehr verlieren. Und damit den Treibhauseffekt
weiter anheizen.
In den Bodensedimenten dieser Gewässer haben sich im Laufe der Zeit riesige
Mengen an organischem Material pflanzlichen und tierischen Ursprungs
abgelagert. Von mikroskopisch kleinen Algen bis zum Humus der umgebenden
Landflächen. Der Abbauprozess durch Bakterien nimmt teilweise viele
Jahrhunderte in Anspruch.
Erwärmt sich das Wasser, wird dieser Abbauprozess ganz erheblich
beschleunigt und Kohlendioxid wird schneller und in wachsendem Umfang
freigesetzt.
Ausgehend von Feldstudien in Schweden und anderen Seen in der borealen
Nadelwaldzone der Nordhalbkugel, die quer durch Eurasien und Nordamerika
verläuft, zeigt die Studie, dass die Fähigkeit dieser Gewässer,
Kohlendioxid zu binden, binnen eines Jahrhunderts um 4 bis 27 Prozent
sinken werde. Das exakte Ausmaß ist davon abhängig, welches der
UN-Klimaszenarien - die von einer Erhöhung der Durchschnittstemperatur
zwischen 1,8 und 4 Grad ausgehen - man zugrunde legt. Umgekehrt könnte die
CO2-Abgabe dieser Seen an die Atmosphäre im Worst-Case-Szenario um bis zu
ein Drittel anwachsen.
Bei künftigen Klimamodellen müsse man neben der sich verringernden
Fähigkeit der Meere zur CO2-Speicherung und dem möglicherweise
explosionsartigem Freiwerden von Methan aus Permafrostgebieten auch die
sich verändernde Rolle der Binnenseen in Betracht ziehen, sagt Tranvik: von
CO2-Senken zu einer Quelle wachsender CO2-Emissionen.
Im Vergleich zu den Ozeanen, die zwei Drittel der Erde bedecken,
repräsentieren die Millionen von Binnenseen nur 3 Prozent der
Erdoberfläche. Doch würden sie die Meere in ihrer Effektivität als
CO2-Senken sogar noch übertreffen, betont Tranvik: "Trotz ihrer geringen
Größe ist die jährliche Einlagerung von Kohlenstoff in Seen, Stauseen und
anderen künstlichen Gewässern größer als entsprechend die in den
Bodensedimenten aller Weltmeere."
2 Aug 2010
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Ruanda
Methan
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