Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Börsengang von Mikrokredit-Institut: Das Geschäft mit den Armen
> Die indische Mikrokreditfirma SKS wird Aktiengesellschaft. Dass auch
> US-Banken wie JP Morgan im Geschäft sind, zeigt, dass es nicht nur um
> Armutsbekämpfung geht.
Bild: SKS zählt heute 5,3 Millionen Kunden.
DEHLI taz | Das Kreditgeschäft mit den Armen lohnt sich. Es treibt sogar
die Börsen an und beschäftigt die Fantasie von Anlegern. Das zeigt der
erste Börsengang eines indischen Mikrofinanzinstituts. In den letzten Tagen
hätten 188 Millionen Aktien der ehemaligen Nicht-Profit-Organisation SKS
verkauft werden können. Damit waren die Aktien von Indiens heute größtem
Mikrokreditunternehmen fast 14-fach überzeichnet. Nun kann SKS die
angestrebte Höchstsumme von 353 Millionen US-Dollar frischen Kapitals
aufnehmen.
Mikrokredite sind Kleinstdarlehen von einem bis höchstens 1.000 Euro, die
an Kleingewerbetreibende vergeben werden. Und die SKS ist erst die zweite
Bank mit dieser Ausrichtung, die an die Börse geht. Früher hatten
Stiftungen, Entwicklungsdienste und Nicht-Profit-Organisationen das
Kreditgeschäft mit den Armen aufgebaut. Später ließen großzügige
Investitionen privater Geldgeber, oft mit philanthropischer Motivation, die
Branche wachsen. Aber mit den ersten Börsengängen haben nun auch
Großinvestoren wie jetzt bei SKS die US-Banken JP Morgan und Morgan Stanley
das Geschäft entdeckt.
Absehbar ist, dass der Börsenerfolg von SKS nur ein Anfang ist. Denn die
Konkurrenz ist nicht etwa neidisch, sondern hocherfreut. "Die
Börseneinführung von SKS eröffnet einen bahnbrechenden Weg zur
Kapitalaufnahme für die führenden Mikrofinanzinstitute", sagt Rekam
Jayasurya, Chefmanager des fünftgrößten indischen Mikrofinanzinstituts
Asmitha in Hyderabad. Er lässt anklingen, dass auch Asmitha eines Tages den
Weg an die Börse gehen könnte.
Wie viele in der Branche wehrt sich Jayasurya gegen Kritik des
Friedensnobelpreisträgers Muhammad Yunus. Yunus, der als Erfinder des
Mikrokreditwesens gilt, hatte den Börsengang von SKS schon im April
kritisiert. Dabei verspreche "man den Investoren, dass sie eine Menge Geld
verdienen können, und das ist die falsche Botschaft", sagte Yunus dem
Fachmagazin Microfinance Focus in Bangalore. Er sorge sich, dass die neuen,
privatwirtschaftlichen Mikrofinanzinstitute nur nach eigenem Gewinn
streben, statt sich auch um das soziale und wirtschaftliche Wohlergehen
ihrer armen Kunden zu kümmern.
Doch Jayasurya hält das für unberechtigt. Nur zwei Prozent aller
Mikrokredite in Indien werden bislang nicht zurückgezahlt. Das zeige den
hohen Verantwortungsgrad aller Beteiligten. "Soziale Leistung und
Kapitalrendite sind in der Branche gleichermaßen hoch", sagt Jayasurya.
Nachdem man sich aber jahrelang nur um die Kunden gekümmert habe, sei es an
der Zeit, dass sich Mikrofinanzinstitute auch auf "die Bedürfnisse von
Investoren" einstellten. Denn das Beispiel SKS zeige, dass "eine große
Kapitalbasis vorhanden sei".
SKS vergibt Kredite zwischen 15 Euro und 200 Euro an Frauen, die zum
Beispiel eine Kuh aufziehen oder einen kleinen Teeladen einrichten. Das
Unternehmen zählt heute 5,3 Millionen Kunden. Im ganzen Land haben etwa 22
Millionen Haushalte Mikrokredite aufgenommen. Branchenexperten sehen damit
erst 10 Prozent des Bedarfs an Mikrokrediten bedient. In Indien leben über
800 Millionen Menschen von weniger als zwei Dollar am Tag - viele von ihnen
sind potenzielle Kunden. Auch deshalb wächst das Kreditvolumen der Branche
jährlich um 60 Prozent.
Solche Zahlen gefallen den Investoren. Doch nun könnte im Gegenzug der
Kunde zu kurz kommen. Sanjay Sinha von der Kredit-Ratingagentur MCRIL in
Delhi sagt in Reaktion auf den SKS-Börsengang: "Die Branche hat das Gefühl
für den Kunden verloren. Der Fokus liegt zu stark auf dem Wachstum."
3 Aug 2010
## AUTOREN
Georg Blume
## ARTIKEL ZUM THEMA
Alternative Finanzierungen: Mikrokredite für die Armen in Europa
Kleine Summen für die Armen: Der Erfinder der Mikrokredite Muhammad Yunus
will menschlichere Banken. In New York und Frankreich gibt es sie schon.
Kongress zu Mikroversicherungen: Kleine Policen, großes Geschäft
Mikroversicherungen sollen arme Menschen in Afrika und Asien absichern.
Aber auch deutschen Konzernen die Kassen füllen. Am Dienstag beginnt ein
Kongress in Manila.
Armutsfalle Mikrokredite: Selbstmord wegen 25 Rupien
Das Geschäft mit Mikrokrediten boomt. Sie sollen aus der Armut helfen. Doch
für viele Frauen in Indien sind sie zur Armutsfalle geworden.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.