# taz.de -- Hochwasser im Osten: Späte Warnungen kritisiert | |
> Die Lage in Sachsen entspannt sich. In Brandenburg wird noch mit | |
> Hochwasser von Neiße und Spree gerechnet. Die Schäden sind aber geringer | |
> als vor acht Jahren. | |
Bild: Unter Wasser: das Zisterzienserkloster Sankt Marienthal in Ostritz. | |
BAD MUSKAU taz | Die Bilder erinnern fatal an die große Flut von 2002. | |
Verschlammte Straßen und Plätze, zerdrückte Autos, unterspülte Häuser, an | |
Flusshindernissen aufgestauter Müll und Hausrat. Beim Anblick des | |
verwüsteten Erholungsgebietes Kirnitzschtal in der Sächsischen Schweiz | |
musste Sachsens Umweltminister Frank Kupfer (CDU) spontan an die | |
Katastrophe vor acht Jahren denken. Sein Kollege Innenminister Markus Ulbig | |
(ebenfalls CDU) verwies dennoch darauf, dass das Ausmaß der | |
Hochwasserschäden insgesamt nicht mit jener Jahrhundertflut in Sachsen zu | |
vergleichen ist. | |
Das Hauptaugenmerk richtete sich am Montag auf Bad Muskau und seinen zum | |
Unesco-Welterbe zählenden Fürst-Pückler-Park. Die von Görlitz heranrollende | |
Hochwasserwelle der Neiße erreichte jedoch erst später und niedriger als | |
erwartet die Stadt an der deutsch-polnischen Grenze. Der noch relativ | |
naturbelassene Fluss hat in diesem Abschnitt die Möglichkeit, sich in | |
Retentionsräume auszubreiten und so an Gewalt zu verlieren. | |
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und sein sächsischer Kollege | |
Markus Ulbig besuchten am Vormittag die Stadt. Zuvor hatten sie in Bautzen | |
den Waggonbauer Bombardier besichtigt, durch dessen Werksgelände sich die | |
Spree Bahn gebrochen hatte und der mit Millionenschäden und | |
Produktionsausfall rechnen muss. | |
Für den Muskauer Park stellte sich auf dem Scheitelpunkt der Flutwelle die | |
Situation weniger dramatisch dar als befürchtet. Der Wasserstand lag | |
deutlich unter jenem des Hochwassers von 1981, wie Markierungen am Schloss | |
zeigten. | |
Überflutet sind vor allem Wiesen des Landschaftsparks. In Schloss und | |
Orangerie wurden kostbare Möbel und technisches Gerät vorab gesichert. Die | |
Keller würden wohl volllaufen, aber bei den vom Wasser eingeschlossenen | |
Gebäuden seien keine größeren Schäden zu erwarten, sagte ein Mitarbeiter | |
des Technischen Dienstes der Park-Stiftung. | |
In Görlitz sind bereits Aufräumungsarbeiten, insbesondere in den tiefer | |
gelegenen Teilen der Altstadt, in vollem Gange. Die Neiße ist wieder in ihr | |
Bett zurückgekehrt. Auch die Wasserversorgung der Stadt konnte | |
wiederhergestellt werden. | |
Diskutiert wird in Sachsen nach wie vor die mangelhafte Warnung der | |
Bevölkerung. Görlitzer berichten beispielsweise, gegenüber, auf der | |
polnischen Seite, sei eine Warnung bereits um 15 Uhr am Sonnabend erfolgt, | |
auf deutscher Seite hingegen erst vier Stunden später und auf unklare | |
Weise. Innenminister Ulbig verwies darauf, dass die Behörden in Polen und | |
Tschechien von der Heftigkeit und der regionalen Konzentration der | |
Niederschläge so überrascht wurden, dass sie die deutschen Kollegen nicht | |
rechtzeitig warnen konnten. | |
Bundesinnenminister de Maizière lobte die grenzüberschreitende | |
Zusammenarbeit von Polizei und Katastrophenschutz. Die der | |
Umweltverwaltungen könne aber "beim nächsten Mal etwas besser werden". | |
Heftig kritisierte der Bundestagsabgeordnete und sächsische | |
CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer, der in Görlitz seinen Wahlkreis | |
hat, das Verhalten der polnischen Behörden hinsichtlich des Bruchs der | |
Staumauer am Neiße-Zufluss Witka. "Warschauer Zentralismus" räche sich nun | |
bei einem Stauseeprojekt, das seit jeher bei Hochwasser Probleme mache. | |
Durch den Bruch der Staumauer waren schlagartig etwa fünf Millionen | |
Kubikmeter Wasser zusätzlich in die Neiße geströmt. Ein Teil davon konnte | |
wiederum in das nahe gelegene Tagebau-Restloch Berzdorf durchbrechen, das | |
sich ohnehin in Flutung befindet. Görlitz blieb dadurch eine noch größere | |
Katastrophe erspart. | |
Naturschützer führten am Montag die Hochwasserschäden auf eine mangelnde | |
Umsetzung von Gesetzen zurück. Noch immer würden Gebäude und Wege in | |
potentiellen Flutgebieten gebaut, erklärte der BUND in Berlin. Die | |
Hochwasserwelle nähert sich nun Brandenburg. Ministerpräsident Matthias | |
Platzeck erklärte die Lage für "angespannt, aber beherrschbar". | |
9 Aug 2010 | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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