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# taz.de -- Flüchtlinge im Libanon: Arbeitsmarkt offen für Palästinenser
> Nach 62 Jahren dürfen palästinensische Flüchtinge im Libanon jetzt mehr
> als bloß Hilfsarbeiterjobs ausüben. Der Erwerb von Grundbesitz oder
> Eigentum bleibt aber weiterhin untersagt.
Bild: Forderten erfolgreich mehr Rechte für Flüchtlinge: Palästinensische De…
Als Bauarbeiter, Taxifahrer oder Friseur durften palästinensische
Flüchtlinge im Libanon bislang schon arbeiten. Jetzt sollen ihnen weitere
Berufe offenstehen. Das hat das libanesische Parlament am Dienstagabend
beschlossen. Laut dem Gesetz, das von der drusischen Fortschrittspartei
unter Walid Dschumblatt eingebracht wurde, sind jetzt nur noch
selbstständige Tätigkeiten als Arzt oder Rechtsanwalt sowie die Arbeit im
öffentlichen Dienst, einschließlich Armee und Polizei, ausgeschlossen. Nach
wie vor bleibt es palästinensischen Flüchtlingen jedoch auch untersagt,
Grundbesitz zu erwerben oder Eigentum zu besitzen.
In den zwölf Flüchtlingslagern im Libanon leben derzeit rund 425.000
Menschen, von denen die meisten beim UN-Hilfswerk für palästinensische
Flüchtlinge (UNRWA) registriert sind. Sie erhalten monatliche Rationen an
Lebensmitteln und andere Hilfsgüter. Die Arbeitslosigkeit in den Lagern
wird auf rund 60 bis 70 Prozent geschätzt. Wer Arbeit hat, ist zumeist bei
der UNRWA angestellt. An diesem Los der Menschen wird das Gesetz
kurzfristig wenig ändern. Gleichwohl begrüßten palästinensische Vertreter
und Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch das Gesetz als
"einen Schritt in die richtige Richtung".
Im ausschließlich religiös definierten Proporzsystem des Libanon wandten
sich vor allem die christlichen Parteien, aber auch die Schiiten, gegen
eine weitergehende Gleichberechtigung der palästinensischen Flüchtlinge,
bei denen es sich überwiegend um Sunniten handelt. Sie befürchten eine
erneute Destabilisierung dieses Proporzsystems, das - gemessen an der
Bevölkerungszahl - eine heute unverhältnismäßige Bevorteilung der
libanesischen Christen vorschreibt. Eine der Ursachen des libanesischen
Bürgerkriegs, der von 1975 bis 1990 dauerte, war die politisch-militärische
Koalition der palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) unter Jassir
Arafat mit den progressiven Parteien im Lande. Auch wurden die
Palästinenser für die militärischen Konflikte mit Israel verantwortlich
gemacht.
Die Leidtragenden des libanesischen Bürgerkriegs und der zahlreichen
israelischen Invasionen und Bombardierungen waren im Libanon immer wieder
die palästinensischen Flüchtlinge. Im September 1982 - nach dem Abzug der
PLO aus dem Libanon - wurden die Einwohner der Lager Sabra und Schatila bei
Beirut Opfer eines Massakers der christlichen Falange, die unter
israelischer Militäraufsicht mehr als 2.000 Palästinenser umbrachte. Die
Kontrolle in den Flüchtlingslagern selbst wird heute noch immer von den
jeweils herrschenden palästinensischen Gruppierungen ausgeübt. Die
libanesische Armee kontrolliert lediglich die Zugänge zu den Lagern. Dieser
Zustand geht auf ein Abkommen zurück, das der libanesische Staatspräsident
Charles Helou im Jahre 1969 mit PLO-Chef Arafat vereinbarte.
Während Palästinenser in Jordanien die Staatsbürgerschaft und in Syrien
Bürgerrechte erhielten, waren sie im Libanon seit 62 Jahren auf kleinstem
Raum in übervölkerten Lagern isoliert. Eine Rückkehr dieser Flüchtlinge ist
einer der größten Streitpunkte im israelisch-palästinensischen Konflikt.
1 Jan 1970
## AUTOREN
Georg Baltissen
Georg Baltissen
## TAGS
Journalismus
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