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# taz.de -- 800.000 Pakistaner ohne Hilfe: Keine Straße, keine Brücke
> Ein Augenzeugenbericht bestätigt die dramatische Lage. 70 Prozent aller
> Pakistaner von der Flut betroffen. Es fehlen Hubschrauber – und
> Krankheiten drohen sich auszubreiten.
Bild: Ein Esel im Wirbel einer Hubschrauberlandung in der Provinz Sindh in Süd…
Aslam Khaja arbeitet als Sozialarbeiter für die unabhängige
Volksentwicklungsstiftung im südpakistanischen Hyderabad. Er hat in den
letzten Tagen vierzehn von der Flut betroffene Distrikte in drei Provinzen
des Landes besucht. Sein Eindruck ist niederschmetternd: "Unglaublich hohe
Zahlen von Flutbetroffenen, vermutlich Millionen, sind bis heute völlig von
der Außenwelt abgeschnitten. Ich bin sicher, dass viele von ihnen schon tot
sind und wir es nicht wissen. In viele Dörfer bin ich auf meiner Reise
einfach nicht gekommen. Es gibt dorthin keine Straße, keine Brücke, kein
Luftverkehr. Der Hungertod ist dort vor jeder Hilfe angekommen", berichtet
Khaja der taz.
Sein Augenzeugenbericht deckt sich mit den neuesten Angaben der Vereinten
Nationen: Laut UN können derzeit 800.000 Flutbetroffene nur mit Luftbrücken
versorgt werden. Deshalb rief die UN die internationale Gemeinschaft auf,
weitere 40 große Transporthubschrauber zur Notversorgung für die Flutopfer
zur Verfügung zu stellen.
Bisher stellen nur die USA insgesamt 18 Hubschrauber. Nicht nur in den
Bergregionen Nordwestpakistans, auch in den sonst leicht zugänglichen
Provinzen Punjab und Sindh, den Kornkammern des Landes, sind nach Auskunft
des Welternährungsprogramms (WFP) viele Menschen völlig isoliert.
Ebenso in der Westprovinz Baluchistan. "Die Leute brauchen
Grundnahrungsmittel zum Überleben. Und man kann sie derzeit auf keinem
anderen Weg als per Hubschrauber erreichen", sagte Marcus Prior, Sprecher
des WFP in Pakistan.
Die Hilfsappelle klingen dramatisch, weil die Hilfe in viele Orte einfach
nicht ankommt, auch solche, die auf dem Landweg durchaus erreichbar sind.
"Die Hilfe kommt entweder nicht an oder nur sehr, sehr langsam",
beobachtete Sozialarbeiter Khaja in vielen Regionen des Landes. Seine
Organisation schätzt, dass bereits 70 Prozent aller Pakistanis von der Flut
betroffen sind.
Dazu rechnet die Stiftung auch Millionen Bürger, die Verwandte oder Freunde
bei sich aufnehmen müssen. Allein in Karatschi, der Millionenmetropole im
Süden, gibt es bereits 150.000 Flutflüchtlinge. Und die Flut schafft immer
neue Flüchtlingsmassen: 200.000 Menschen wurden am Dienstag nicht weit von
Hyderabad in Thatta evakuiert. Andere flüchten aus den südlichen
Küstengebieten, wo die Flut in Kürze erwartet wird.
Die Hilfe erreicht dabei besonders Frauen und Kinder nur schleppend.
"Pakistan ist eine männerdominierte Gesellschaft. Die Männer schöpfen als
Erste die Hilfe ab", sagt Khaja. Laut UN sind bereits 1,6 Millionen
Pakistanis von flutbedingten Krankheiten wie schwerem Durchfall und Cholera
betroffen, darunter besonders viele Kinder.
Khaja besuchte gestern ein Lager mit 600 Kindern in einer alten Schule in
Hyderabad. Sie bekamen nur Wasser und Brot. "Sie wollten alle Milch haben.
Das sind sie gewohnt", sagt Khaja. Er bemängelt, dass es in Pakistan keine
Spendenkultur gebe. "Es gibt nur Moscheen, die bis zum Platzen gefüllt
sind", sagt Khaja.
26 Aug 2010
## AUTOREN
Georg Blume
## TAGS
Pakistan
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