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# taz.de -- Elektronischer Personalausweis: Mieser geschenkter Gaul
> Im Streit um die Sicherheit der Personalausweis-Kartenleser plädieren
> Experten für den Einsatz sicherer Modelle. Das Problem: Die hat die
> Bundesregierung nicht bestellt.
Bild: Ein Personalausweis-Lesegerät.
Seit das ARD-Magazin "Plusminus" am Dienstag berichtete, dass der neue
elektronische Personalausweis bei der Verwendung im Internet
[1][möglicherweise schwerwiegende Sicherheitslücken hat], bemüht sich
Berlin um Schadensbegrenzung. Bundesinnenminister Thomas de Maiziere
beschwichtigte gegenüber der Agentur "AFP", das Identifikationskärtchen sei
"ein deutlicher Sicherheitsgewinn", der neue Personalausweis "eines der
sichersten Personaldokumente" auf der Welt. Er werde ihn selbst am 1.
November beantragen.
Auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), beim
Bund zuständig für alles, was mit IT-Security zu tun hat, sprang de
Maiziere schützend bei: "Das Bundesamt für Sicherheit in der
Informationstechnik (BSI) weist die in verschiedenen Medienberichten
geäußerten Sicherheitsbedenken bei der Verwendung des neuen
Personalausweises zurück", hieß es in einer Stellungnahme. Die geschilderte
Angriffsmöglichkeit, die der Chaos Computer Club in "Plusminus"
demonstriert hatte, weise "auf einen klassischen Trojanerangriff auf den PC
des Nutzers" hin. "Angriffe mit Schadsoftware wie einem Trojanischen Pferd
sind bei der Nutzung des Internets grundsätzlich möglich." Vulgo: Wer
online geht, fängt sich potenziell Viren ein, dafür kann der neue Perso
nichts. Ansonsten empfahl das BSI den Einsatz geeigneter
Sicherheitssoftware.
Was in der ganzen Diskussion bislang allerdings kaum vorkam ist die
Tatsache, dass sich die Bundesregierung bei der Perso-Sicherheit quasi
selbst in den Fuß schießt: Um die Nutzung des neuen ID-Kärtchens am PC für
Online-Anwendungen schnell populär zu machen, bestellte das
Innenministerium eine Million Kartenlesegeräte zur kostenlosen Verteilung.
24 Millionen Euro aus Mitteln des Konjunkturpakets II machte die Regierung
dafür laut "Plusminus" locker. Allerdings griffen die Beamten zum
billigsten möglichen Gerät - und nur das ist wie vom CCC beschrieben über
ein Trojanisches Pferd relativ leicht angreifbar.
Laut Vorgaben des BSI sind insgesamt drei verschiedene Kartenlesesysteme
erlaubt. Das Billigteil, dass das Innenministerium bestellt hat, ist der
sogenannte Basisleser, bei dem man die sechsstellige PIN am PC eingeben
muss, wo sie abgefangen werden könnte. Die beiden etwas teureren Kategorien
"Standardleser" und der auch Geldkarten-fähige "Komfortleser" enthalten
dagegen stets eine Tastatur zur Direkteingabe der PIN, was das Mitlauschen
deutlich erschwert. Und der Basisleser hat noch ein zweites Problem: Er
bietet keine Möglichkeit, die enthaltene Betriebssoftware (Firmware) sicher
zu aktualisieren. Sollten darin weitere Sicherheitslücken auftauchen,
müssten sie bestehen bleiben - bei einer Million Geräte im Gebrauch äußerst
unschön.
Und so kann man jedem, der sich für den neuen Perso als
Online-Authentifizierungsgerät interessiert, nur raten, dem geschenkten
Gaul des Bundesinnenministeriums ins Maul zu schauen - und besser ein paar
eigene Euro in einen "Standardleser" oder "Komfortleser" zu investieren.
Sie dürften schnell für unter 100 Euro erhältlich sein - wenn nicht sogar
deutlich billiger.
26 Aug 2010
## LINKS
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## AUTOREN
Ben Schwan
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
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