# taz.de -- Provokationen Sarrazins: SPD beschließt Ausschluss-Verfahren | |
> Die SPD will durchgreifen: Der Vorstand hat ein Parteiordnungsverfahren | |
> gegen Thilo Sarrazin mit dem Ziel des Ausschlusses beschlossen. Dieser | |
> wehrt sich indes gegen die NPD. | |
Bild: Wer schafft hier wen ab? Sarrazin. | |
BERLIN dpa | Der SPD-Vorstand hat am Montag das Parteiordnungsverfahren | |
gegen Thilo Sarrazin mit dem Ziel des Ausschlusses beschlossen. Wie die | |
Nachrichtenagentur dpa erfuhr, fiel die Entscheidung fast einstimmig. | |
Lediglich Vorstandsmitglied Dietmar Hexel, der auch der DGB-Spitze | |
angehört, enthielt sich. Generalsekretärin Andrea Nahles wird die SPD- | |
Spitze in der Auseinandersetzung vertreten. | |
Dem Votum war eine längere Debatte vorausgegangen. Parteichef Sigmar | |
Gabriel warb in der Sitzung für die Einleitung des Verfahrens gegen | |
Sarrazin wegen dessen Thesen über Zuwanderer. Auch Präsidiumsmitglied | |
Martin Schulz, der sich vorher skeptisch zu einem SPD-Ausschluss geäußert | |
hatte, stimmte in der Sitzung dafür. | |
Der Berliner SPD-Landesverband hat bereits ein Verfahren gegen Sarrazin | |
angekündigt. Einleiten muss dies nach dem SPD-Statut jetzt sein Ortsverein | |
in Berlin-Wilmersdorf. Darüber muss in erster Instanz die | |
Landesschiedskommission entscheiden. | |
Während die SPD mit Sarrazins Thesen hadert, will sich dieser nicht von der | |
rechtsextremistischen NPD vereinnahmen lassen. Er zeigte die NPD, die mit | |
seinem stilisierten Porträt und dem Spruch "Alle wissen - Sarrazin hat | |
Recht" wirbt, wegen Verstoßes gegen das Kunst-Urhebergesetz an. Dies teilte | |
am Sonntag ein Sprecher der Polizei auf Anfrage mit. | |
Zugleich ließ Sarrazin bereits am Freitagnachmittag von der Polizei ein | |
entsprechendes rot-schwarzes Plakat von der Fassade der NPD-Bundeszentrale | |
in Berlin-Köpenick entfernen. | |
Doch auch an Sarrazin selbst gibt es neue Kritik: Die Linkspartei forderte | |
ihn auf, auf seine Extra-Pension zu verzichten, die er nach einem | |
Medien-Bericht mit der Bundesbank für seinen Abgang ausgehandelt hat. "Er | |
hat noch im Mai 2009 die damalige Rentenerhöhung öffentlich scharf | |
kritisiert und sogar gefordert, dass die Renten auf Grundsicherungsniveau | |
sinken. Sarrazin spricht mit doppelter Zunge", sagte die stellvertretende | |
Linke-Vorsitzende Katja Kipping in Berlin. | |
"Er fordert von Rentnern und sozial Bedürftigen Bescheidenheit und | |
genehmigt sich selbst eine Pension, die für zehn Durchschnittsrentner | |
reichen würde", kritisierte die Linke-Politikerin. "Sarrazin handelt nach | |
dem Prinzip: Boni für Banker, Verzicht für Arme. Das ist zynisch und | |
antisozial. Die Lex Sarrazin muss aus der Welt." | |
Der Rückzug Sarrazins aus der Spitze der Bundesbank war auf Vermittlung des | |
Bundespräsidialamts zustande gekommen. Laut "Spiegel" setzte Sarrazin dabei | |
als Gegenleistung für seinen Abschied durch, dass seine monatliche Pension | |
um 1000 Euro auf das Niveau angehoben wird, das ihm erst beim regulären | |
Abschied 2014 zugestanden hätte. | |
Der "Focus" berichtet, dass der 65-Jährige voll pensionsberechtigt sei und | |
ab Oktober eine monatliche Altersversorgung von rund 10.000 Euro erhalte. | |
Diese decke auch seine früher erworbenen Ansprüche als Berliner | |
Finanzsenator, Staatssekretär in Rheinland-Pfalz und Beamter im | |
Bundesfinanzministerium ab. | |
13 Sep 2010 | |
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