# taz.de -- Kommentar Schwarz-Gelb: Wenn Merkel regiert | |
> Die Zeit, als Schwarz-Gelb damit beschäftigt war, sich gegenseitig lahm | |
> zu legen, scheint erst mal vorbei. Die Anfälligkeit der Koalition für | |
> Klientelismus ist jedoch geblieben. | |
Die Union hat seit diesem Sommer eine neue Erzählung: Die Zeit von Angela | |
Merkels Zögerlichkeit und des schwarz-gelben Durcheinanders sei vorbei - | |
jetzt werde entschlossen regiert. In der Tat wird das Sparpaket demnächst | |
den Bundestag passieren. Die Regierung hat in, wie sie meint, hartem Ringen | |
mit sich selbst und der Industrie eine Verlängerung der AKW-Laufzeiten | |
beschlossen. | |
Und jetzt hat die Union wie nebenbei die Wehrpflicht abgeräumt, die | |
jahrzehntelang zu ihrem Identitätskern zählte, aber zuletzt zur leeren | |
Hülle geworden war. Die Regierung ist also - nach langen | |
Anlaufschwierigkeiten - klug geworden: So möchte sie selbst es jedenfalls | |
sehen. | |
Wenn man ein kleines bisschen genauer hinsieht, bekommt dieses Bild Risse. | |
Der Haushalt etwa birgt nicht nur dramatische soziale Schieflagen wie | |
rabiate Kürzungen bei Hartz-IV-Empfängern, sondern auch eine Menge | |
Luftbuchungen. Auch darf bezweifelt werden, ob 2011 wirklich 2,3 Milliarden | |
Euro als Brennelementesteuer von der Atomindustrie bezahlt werden, und | |
manche "globale Minderausgabe" ist nicht konkret gedeckt. | |
Und: Die Verlängerung der AKW-Laufzeiten, die die sonst nüchterne Merkel | |
zur energiepolitischen "Revolution" aufblies, kann noch kassiert werden - | |
falls Karlsruhe entscheidet, dass der Bundesrat zustimmen muss. Auf | |
Habenseite steht nur der Wille, die Wehrpflicht abzuschaffen: sonst nichts. | |
Es stimmt: Die Zeit, als die schwarz-gelbe Koalition hauptsächlich damit | |
beschäftigt war, sich gegenseitig lahm zu legen, scheint erst mal vorbei. | |
Ihre Anfälligkeit für Klientelismus - Stichwort Hotelsteuer - ist, wie die | |
Laufzeitverlängerung zeigt, geblieben. Angela Merkel regiert wieder: Für | |
die Union ist das eine gute Nachricht. Für die Gesellschaft weniger. | |
14 Sep 2010 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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