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# taz.de -- Wendländer zur Endlager-Frage: "Größte Sauerei, die ich erlebt h…
> Die Mitglieder des Gorleben-Untersuchungsausschusses im Bundestag stellen
> sich den Fragen der Wendländer. Die sind ziemlich sauer über die
> angekündigten Enteignungen.
Bild: Gorleben ist überall, so ein Claim. Im Wendland ist Gorleben wirklich na…
Ortstermin im Schützenhaus zu Dannenberg: Im Vorraum eine Deutschlandkarte
aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, an den Wänden die Schützenkönige der
letzten hundert Jahre. Auf dem Podium haben die sechs Ombudsleute des
Gorleben-Untersuchungsausschusses Platz genommen, und es steht zu
befürchten, dass es nicht sehr lange friedlich bleiben wird im
Schützenhaus. Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP)
hatte am Nachmittag erklärt, am 1. Oktober in Gorleben die
Erkundungsarbeiten wiederaufnehmen zu wollen. Jetzt wollen gut 300 Menschen
ihrem Ärger Luft machen.
"Unser Ausschuss soll Regierungshandeln aufklären, nicht die Eignung des
Salzstockes", sagt Reinhard Grindel, Ombudsmann der Union im Ausschuss. Am
Morgen waren die 15 Parlamentarier in den Schacht eingefahren, um sich ein
Bild vor Ort zu machen. An diesem Abend aber wird ziemlich schnell klar,
dass die Regierungsvertreter die Oberhand verlieren werden.
"Weiter zu erkunden, das ist ein Affront gegen den Untersuchungsausschuss",
sagt Ute Vogt, Ombudsfrau der SPD im Ausschuss. Man könne doch nicht
einerseits ein parlamentarisches Kontrollgremium beauftragen, die
Standortauswahl rechtlich zu prüfen. Und andererseits weitere Fakten
schaffen, noch bevor ein Ergebnis vorliegt. "Der Haushaltsansatz der
Bundesregierung stellt in diesem Jahr 20 Millionen Euro für Gorleben
bereit", sagt die SPD-Politikerin, bis ins Jahr 2012 steige diese Summe auf
53 Millionen. Vogt: "Für die Suche nach Alternativen ist lediglich eine
Million vorgesehen."
"Ob sich Gorleben als Endlager eignet, können wir nur entscheiden, wenn wir
weiter erkunden", verteidigt die Ausschussvorsitzende Maria Flachsbarth
(CDU) das Regierungshandeln. Natürlich müsse ergebnisoffen gearbeitet
werden, und die Resultate müssten dann von internationalen Experten
begutachtet werden, etwa von der Internationalen Atomenergie-Behörde.
Murren im Saal und höhnisches Gelächter. Aber das kontert Flachsbarth mit
dem Hinweis, dass die Behörde 2005 den Friedensnobelpreis bekam: "Ich
glaube noch an wissenschaftlichen Sachverstand."
Wissenschaftlicher Sachverstand? "Es gibt überhaupt nur ein Land, dass
wissenschaftlichen Sachverstand mit Endlagerprojekten in Salzformationen
hat", kontert die grüne Ombudsfrau Sylvia Kotting-Uhl: "Deutschland. Und
zwar in Asse und Morsleben!" Vor Beifall tobt der Saal.
Wie hält es die FDP mit Enteignungen? Was ist mit den Gasvorkommen nahe dem
Salzstock? Vor allem den älteren Rednern im Publikum fällt es schwer, eine
Frage zu formulieren: Sie zitieren Gutachten, Gegenexpertisen, eigene
Erkenntnisse. Die Abgeordneten antworten mit vielen Worten, die oft wenig
sagen.
Dann platzt Bauer Christian der Kragen: "In zwölf Jahren hätten wir den
beschissenen Atomausstieg endlich geschafft und Ruhe in der Kiste." Die
Regierungsvertreter würden in Berlin die Laufzeiten verlängern und sich
trotzdem noch ins Wendland trauen. "Was Sie hier bieten, ist die größte
Sauerei, die ich erlebt habe!" Die Leute trommeln auf den Tischen, pfeifen
das Podium aus und brüllen sich ihren Frust von der Seele.
Jetzt droht die Veranstaltung aus dem Ruder zu laufen. "Ich bitte darum,
nicht ausfällig zu werden", versucht Moderatorin Kerstin Rudek zu
beruhigen, die auch Vorsitzende der BI Lüchow-Dannenberg ist. Schließlich
habe die BI eingeladen, und Gästen solle man Respekt entgegenbringen. Aber
obwohl die Abgeordneten sich bereit erklären, länger als die veranschlagten
zwei Stunden zur Verfügung zu stehen - es wird an diesem Abend im
Schützenhaus keinen Respekt mehr geben. Dafür aber eine Erkenntnis, die
Kotting-Uhl so formuliert: "Man kann ein Endlager nur mit, nicht gegen die
Bevölkerung bauen."
18 Sep 2010
## AUTOREN
Nick Reimer
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