# taz.de -- Erdölförderung in der Nordsee: Kein Verbot für Tiefseebohrungen | |
> Eigentlich wollte die Bundesregierung auf der Ospar-Meereskonferenz | |
> beantragen, dass in der Nordsee nicht mehr so tief nach Öl gebohrt wird. | |
> Nun bekommt sie kalte Füße. | |
Bild: Bohren in 1.800 Metern Tiefe: Die Ölplattform "Draugen" vor der norwegis… | |
STOCKHOLM taz | Das defekte Bohrloch der BP-Ölplattform "Deepwater Horizon" | |
im Golf von Mexiko ist seit dem Wochenende endgültig dicht. Aber die | |
Ursache der Katastrophe ist nach wie vor ungeklärt. Politik und Öllobby | |
scheinen das jedoch zu vergessen. | |
Wenn sich RegierungsvertreterInnen aller Anrainerstaaten des | |
Nordostatlantiks und der Nordsee am Donnerstag und Freitag zur | |
Ospar-Konferenz im westnorwegischen Bergen treffen, wird es jedenfalls kein | |
klares Verbot von Tiefsee-Ölbohrungen geben. Dabei hatten beispielsweise | |
EU-Energiekommissar Günther Oettinger und vor allem der deutsche | |
CDU-Umweltminister Norbert Röttgen noch im Sommer angekündigt, sich für | |
einen solchen Stopp starkmachen zu wollen. | |
Ospar ist die Abkürzung für ein Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt, | |
das die Länder rund um den Nordostatlantik und die Nordsee 1992 geschlossen | |
haben. Dieses ist für alles zuständig, was in die Meere versenkt oder sonst | |
wie eingebracht wird - dazu gehören Offshore-Anlagen, aber auch | |
Bohrplattformen. | |
Die Bundesregierung verwässerte ihren ursprünglichen Antrag, ein Moratorium | |
von Bohrungen in Nordatlantik und Nordsee zu beschließen, zu der | |
unverbindlichen Aufforderung, so etwas doch "intensiv" zu prüfen. | |
Jörg Feddern von der Umweltschutzorganisation Greenpeace kritisiert, dass | |
"die Ölfirmen weiter machen, als sei nichts geschehen". Dabei sei "auch vor | |
unseren Küsten ein Unglück wie im Golf von Mexiko jederzeit möglich". | |
Tatsächlich war die norwegische Nordseeölplattform Gullfaks-C im Mai knapp | |
an einer ähnlichen Gasexplosion wie der der "Deepwater Horizon" | |
vorbeigeschlittert. Innerhalb weniger Wochen verlor der Betreiber Statoil | |
dreimal die Kontrolle über eines der beiden Sicherheitssysteme. Laut der | |
norwegischen Umweltorganisation Bellona war man "einen Funken von einer | |
Katastrophe entfernt". | |
Auch eine weitere Meeresschutzmaßnahme, deren Verabschiedung in Bergen | |
erwartet worden war, blockieren die Ölförderländer Dänemark, Norwegen und | |
Großbritannien zusammen mit Island: Zwischen Portugal und Island sollte | |
eine Kette von Meeresschutzzonen mit zusammen 460.000 Quadratkilometern | |
ausgewiesen werden. Das wäre größer als die Fläche Deutschlands und | |
entspräche immerhin 9 Prozent des Meeresbodens in den internationalen | |
Gewässern des Nordostatlantiks. Bislang steht weltweit erst ein halbes | |
Prozent der Ozeane unter einem besonderen Schutz. | |
Übrig bleiben werden wohl nur eineinhalb Schutzzonen, für die restlichen | |
soll es einen Aufschub geben. Oslo etwa begründet das mit der | |
"komplizierten juristischen Problematik". Vermutlich wollen aber einzelne | |
Anrainerstaaten versuchen, ihre Meeresboden-Nutzungsrechte über die | |
200-Seemeilen-Grenze der UN-Seerechtskonvention hinaus auszuweiten. In der | |
Hoffnung auf künftige unterseeische Naturressourcen sträube man sich, | |
verpflichtende Umweltschutzziele einzugehen, kritisiert Nina Jensen vom | |
Umweltverband WWF-Norwegen. | |
So dürfte die Ospar-Konferenz nur ein enttäuschendes Minimalprogramm | |
verabschieden: Maßnahmen zum Schutz bedrohter Fischarten wie Haie, Rochen | |
oder Kaiserbarsch sowie "Fishing for Litter", ein Programm, das Fischer zum | |
Auffischen und Anlandbringen von Plastikmüll animieren soll. | |
23 Sep 2010 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
Reinhard Wolff | |
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Vereinte Nationen | |
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