# taz.de -- Beinahe-Katastrophe vor Norwegen: Statoils gefährlicher Blowout | |
> Ein "Deepwater-Horizon"-Szenario in der Nordsee? Nur der Zufall bewahrte | |
> nach einem Unfall auf einer Plattform die norwegische Küste vor einer | |
> Ölpest. | |
Bild: "Sleipner", eine andere Plattform von Statoil. | |
STOCKHOLM taz | Während im Frühsommer die ganze Welt die Ölpest im Golf von | |
Mexiko verfolgte, drohte der Nordsee eine ähnliche Katastrophe. Am 19. Mai | |
hatte der norwegische Ölkonzern Statoil aufgrund eines unkontrollierten | |
Gasaustritts die Kontrolle über eine Bohrung auf der Förderplattform | |
"Gullfaks C" verloren. Und wie aus einem in dieser Woche veröffentlichten | |
Untersuchungsbericht ersichtlich wird, war die Nordsee nur einen Funken von | |
einem "Deepwater Horizon"-Szenario entfernt. "Wir erkannten damals den | |
Ernst der Situation nicht", gesteht Statoil nun zu. | |
Nachdem die dortige Bohrung bereits monatelang mit heftigen Schwankungen im | |
Gasdruck zu kämpfen hatte, war durch das Bohrloch plötzlich ungehindert Gas | |
aus dem Meeresgrund bis auf das Deck der Plattform hinaufgefaucht: Ein 19 | |
Jahre altes Rohr hatte dem Druck nicht standhalten können und war geplatzt, | |
womit man schlagartig die Kontrolle über alle Sicherheitsbarrieren verlor. | |
Die Besatzung machte sich zur Evakuierung bereit, denn ein Funken hätte nun | |
zur Explosion und damit auch zum unkontrollierten Ölaustritt führen können. | |
Dass es nicht dazu kam, war dem lebensgefährlichen Einsatz der | |
Notbesatzung, die sich tagelang bemühte, das Bohrloch mit Schlamm und | |
Zement zu verstopfen, und einem Zufall geschuldet. Teile des lockeren | |
Meeresbodens kippten in das Bohrloch und halfen, das Leck mit abzudichten. | |
Erst nach zwei Monaten war die Bohrung wieder unter Kontrolle. | |
Statoil verweist jetzt selbst als Ursache für das Unglück auf | |
"mangelhaftes" eigenes Verhalten in nicht weniger als 34 Punkten. Von der | |
Planung bis zur Ausführung der Bohrung, der Risikoeinschätzung und der | |
Kompetenz des Personals. Man verspricht nun, die Bohrroutinen bei | |
unvorhersehbaren Druckveränderungen zu ändern. | |
Der norwegischen Ölaufsichtsbehörde Petroleumstilsynet genügt das nicht. | |
Sie hat Statoil erst einmal alle weiteren Bohrungen auf Gullfaks verboten. | |
Die Umweltschutzorganisation Bellona kritisiert: Der Konzern habe gegen | |
geltendes Recht und gegen eigene Sicherheitsbestimmungen verstoßen. | |
12 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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