# taz.de -- Korrespondenten über ein Jahr Schwarz-Gelb: Die Angst vor Muslimen… | |
> Integration ist keine Einbahnstraße. Die Diskussion in Deutschland aber | |
> beweist das Gegenteil. Eine Bilanz des "Al-Ahram"-Korrespondenten. | |
Bild: Freitagsgebet von Muslimen in Mannheim. | |
Nach einem Jahr schwarz-gelbe Koalition stelle ich fest: Es ist nicht | |
leichter geworden, aus Deutschland für Millionen von ägyptischen und | |
arabischen Lesern zu berichten. Wobei es sich bei den Schwierigkeiten nicht | |
um Themen wie Koalitionsstreit, die Auswirkungen der Finanzkrise auf die | |
Eurozone oder die wachsende Unzufriedenheit der Deutschen mit den | |
Volksparteien handelt. Über diese Themen weiß der Korrespondent mit Ruhe | |
und Erfahrung zu berichten. | |
Es handelt sich eher um ein sensibles Thema, das zunehmend in Deutschland | |
diskutiert wird und die Gesellschaft spaltet: die Integration der Muslime. | |
Das Thema beschäftigt die Politik und die Deutschen schon länger. Doch seit | |
dem Mord eines Russlanddeutschen an der ägyptischen Muslimin Marwa | |
El-Sherbini in einem Dresdner Gerichtssaal im Juli 2009 ist ein Schatten | |
über die Integrationsdebatte entstanden. | |
Muslimische Verbände betrachten die Tat als bisherigen Höhepunkt eines | |
täglichen, zum Teil versteckten Rassismus gegenüber Muslimen. Sie | |
kritisieren zunehmende islamophobe Tendenzen in Deutschland. Für viele | |
Deutsche aber war es nur eine Einzeltat. Man forderte die Muslime sogar | |
auf, sich endlich von Konspirationstheorien zu verabschieden und sich mehr | |
anzustrengen, Teil der Gesellschaft zu werden. | |
Das Thema Islamophobie wird von der Politik ignoriert, auch bei der neuen | |
Runde der Islam-Konferenz spielt es keine Rolle. Man hat den Eindruck, dass | |
beide Seiten aneinander vorbeireden. Der Forderung an die muslimischen | |
Mitbürger, die deutsche Sprache zu lernen, ihre Kinder zu fördern, keine | |
Islamisten zu unterstützen und sich an die Gesetze zu halten, kann keiner | |
widersprechen. Es entbrannten aber Diskussionen über Kopftücher, | |
Moscheebauten und andere Aspekte des täglichen Lebens der Muslime, die per | |
Gesetz verfassungsgemäß geregelt werden können. | |
Muslimische Bürger klagen, dass man dauernd Forderungen an sie stellt, ohne | |
ihre Sorgen und Ängste wahrzunehmen. Menschen, die hier geboren oder seit | |
Jahrzehnten leben, sehen sich mit einer Kampagne konfrontiert, die an | |
rassistische Stereotypen des vergangenen Jahrhunderts erinnert. Muslimische | |
Migranten werden so dargestellt, als wären sie nach Deutschland | |
eingewandert, um Sozialleistungen zu beziehen. | |
Das schürt Ängste auf beiden Seiten. Integration ist keine Einbahnstraße, | |
heißt es so schön. Dass die neue Diskussion in Deutschland aber das | |
Gegenteil beweist, macht die Berichterstattung für ägyptische und arabische | |
Leser, die seit dem Mord von Marwa El-Sherbini die | |
Integrations-Islamophobie-Debatte aufmerksam verfolgen, nicht leicht. | |
Am Montag erscheinen in der Print-Ausgabe der taz elf Texte von | |
Deutschland-Korrespondenten renommierter Auslandsmedien, die eine | |
Zwischenbilanz über ein Jahr schwarz-gelbe Koalition ziehen. | |
26 Sep 2010 | |
## AUTOREN | |
Mazen Hassan | |
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