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# taz.de -- Diskriminierung muslimischer Frauen: Ohne Kopftuch gibt's Karriere
> Bildung lohnt sich? Leistung lohnt sich? Für muslimische Frauen nicht
> unbedingt, sagt der Interkulturelle Rat. Vor allem der Einstieg ins
> Berufsleben sei schwierig.
Bild: Eine Frage der Kopfbedeckung: Muslimische Frauen vor einer Agentur für A…
BERLIN taz | Wenn Merve Durmus ihre Lehrer aus der Schule wiedertrifft,
sind diese meist völlig überrascht, dass sie studiert. "Dabei ist es doch
logisch, dass man, wenn man Abitur gemacht hat, auch studieren will", sagt
die 23-Jährige. Beruflichen Erfolg anzustreben, ist für Durmus
selbstverständlich. Doch selbst an der Uni und in einem Studiengang wie
deutscher Literatur begegnen ihr Vorurteile. Wenn Durmus erzählt, dass sie
verheiratet ist, schaut ihr Gegenüber sie meist traurig an. "Erst das
Kopftuch und dann auch noch verheiratet, das ist den meisten ein
Unterdrückungsbonus zu viel", sagt die Studentin.
Richtig schwierig wird es für gebildete muslimische Frauen wie Durmus beim
Einstieg ins Berufsleben. Der Interkulturelle Rat bemängelt, dass der
Grundsatz "Bildung und Leistung führt zu beruflichem Erfolg" für diese
Gruppe nicht gelte, und hat deshalb die relevanten Studien in einer
Broschüre zusammengeführt. Das Fazit: Ob mit oder ohne Kopftuch -
muslimische und türkischstämmige Frauen werden im Arbeitsleben stark
benachteiligt, unabhängig davon, wie sehr sie sich bilden.
"Es gibt also eine Gruppe in dieser Gesellschaft, die sehr erfolgreich nach
Bildung strebt und trotzdem gegen Wände rennt", sagt der Geschäftsführer
des Interkulturellen Rats, Torsten Jäger. Auch im Gesundheitssystem, beim
Zugang zu Dienstleistungen und in Verkehrsmitteln würden diese Frauen
diskriminiert.
Bei einer Umfrage der Antidiskriminierungsstelle des Landes Brandenburg
unter muslimischen Frauen berichteten 59 Prozent der Befragten, sie seien
absichtlich beleidigt, beschimpft oder angepöbelt worden. Eine Untersuchung
der Freien Universität in Berlin ergab, dass Bewerber mit türkisch
klingenden Namen bei gleicher Qualifikation seltener zu
Vorstellungsgesprächen eingeladen werden und türkischstämmige Frauen noch
weniger häufig als Männer. Die Broschüre versammelt viele aussagekräftige
Fälle, etwa der einer 30-jährigen Anwältin mit Kopftuch, die nach 60
erfolglosen Bewerbungen nur Einladungen zum Vorstellungsgespräch bekam,
weil sie das Foto wegließ. Im Gespräch kam dann jedes Mal die Frage, ob sie
bereit sei, ihr Kopftuch abzulegen.
Das Kopftuchverbot für Lehrerinnen habe eine Wahrnehmung geschaffen, die
sich auch auf andere Arbeitgeber auswirke, sagt Jäger. In vielen Fällen sei
die Benachteiligung von Musliminnen jedoch nicht unbedingt auf Rassismus
zurückzuführen, sondern auf Unwissenheit. Der Interkulturelle Rat schlägt
daher eine Initiative vor, in der Arbeitgeber mit Informationen versorgt
und dazu befragt werden, ob sie bereit sind, Musliminnen mit und ohne
Kopftuch in ihrem Unternehmen als Praktikantinnen oder für reguläre Jobs
einzustellen.
3 Oct 2010
## AUTOREN
Karin Schädler
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