# taz.de -- Extremismus-Bekämpfung: Antifa-Förderung in Gefahr | |
> Wer zu links ist, darf nicht gegen rechts kämpfen – jedenfalls nicht auf | |
> Kosten des Anti-Extremismus-Programms. Dafür hagelt es Kritik von | |
> Opposition und Initiativen. | |
Bild: Antifa-Demo in Berlin: Auch wer sich gegen rechts engagiert, gilt schnell… | |
Um das von Schwarz-Gelb geplante Förderprogramm gegen Extremismus gibt es | |
erneut Streit. Oppositionspolitiker und Antifa-Initiativen werfen der | |
Regierung vor, den Kampf gegen rechts massiv zu schwächen und in die | |
Autonomie der Initiativen einzugreifen. | |
Hintergrund der Kritik ist die Neuordnung der Extremismusprogramme. Ab 2011 | |
will das Bundesfamilienministerium 24 Millionen Euro in das Programm | |
"Toleranz fördern - Kompetenz stärken" stecken. Initiativen gegen rechts, | |
die Förderung beantragen, müssen künftig schriftlich bestätigen, dass nicht | |
nur sie selbst sich zur demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik | |
bekennen, sondern auch ihre "als Partner ausgewählten Organisationen, | |
Referenten etc. sich den Zielen des Grundgesetzes verpflichten". Es dürfe | |
"keinesfalls der Anschein erweckt werden", dass einer Unterstützung | |
extremistischer Strukturen Vorschub geleistet werde, heißt es in dem | |
Schreiben, das der taz vorliegt. | |
"Es ist schlicht ein Unding, dass die Regierung eine Art Gesinnungsprüfung | |
für unsere Partner vornehmen will", sagt Grit Hanneforth, Geschäftsführerin | |
vom Kulturbüro Sachsen. Man arbeite - vor allem auf dem Land - als | |
Initiativen gegen rechts öfter mit linken Jugendgruppen der Antifa | |
zusammen. „Sie sind oft die einzigen, die sich dort überhaupt politisch | |
betätigen“, so Hanneforth. | |
Auch Steffen Bockhahn, Bundestagsabgeordneter der Linkspartei, kritisiert | |
das Vorhaben als inakzeptabel. "Das gefährdet das bürgerschaftliche | |
Engagement insgesamt", sagt er. Die Initiativen seien nur noch bedingt frei | |
bei der Wahl ihrer Partner. Zwar unterstellt er dem Ministerium nicht, dass | |
es sich beständig in die Auswahl einmischt, "es besteht aber die Gefahr, | |
dass bei den Trägern eine Schere im Kopf einsetzt". Bei enger Auslegung | |
könne die Zusammenarbeit mit Linkspartei-nahen Organisationen problematisch | |
werden. | |
"Die Extremismusverwirrung der Regierung führt dazu, dass linke, | |
antifaschistische Initiativen gegen Nazis kriminalisiert werden", sagt | |
Sven-Christian Kindler, grüner Bundestagsabgeordneter. Potenziell könnten | |
sämtliche Antifa-Gruppen nicht mehr gefördert werden. Am Mittwoch hat sich | |
auch die zuständige Bundesfamilienminister Kristina Schröder (CDU) in die | |
Debatte eingeschaltet. Sie wies die Kritik entschieden zurück. Zur | |
Forderung, dass geförderte Projekte sich zum Grundgesetz bekennen müssten, | |
sagte sie der Welt: „Wer damit schon ein Problem hat, der demaskiert sich | |
selbst.“ | |
"Wer würde denn allen Ernstes einem bekennenden Pyromanen ein Feuerzeug in | |
die Hand drücken, nur weil der sich auch bei der freiwilligen Feuerwehr | |
engagiert?", fragte Schröder. | |
Der Vergleich hinke gewaltig, urteilte Monika Lazar, Sprecherin der grünen | |
Bundestagsfraktion für Strategien gegen Rechtsextremismus. "Die | |
Pyromanen-Analogie ist ein Schlag ins Gesicht derer, die sich jetzt schon | |
gegen rechts engagieren", sagte sie der taz. Mit ihren Äußerungen zeige die | |
Ministerin, dass sie von der Praxis bürgerlichen Engagements keine Ahnung | |
hat. | |
Kritik erntet auch die Definition der Regierung von Linksextremismus. In | |
einem Schreiben des Familienministeriums werden etwa Bestrebungen, die | |
"eine sozialistische bzw. kommunistische Gesellschaft (…) etablieren | |
wollen", als linksextrem eingestuft. "Das gefährdet die Pluralität der | |
Gesellschaft", sagt Sven Frye, Bundesvorstand der Falken. Da würden | |
Menschen in die Extremismusecke gestellt, die dort nicht hingehörten. | |
Bereits bei ihrem Amtsantritt im vergangenen Jahr sorgte Kristina Schröder | |
für Aufregung, weil sie ankündigte, auch den Kampf gegen Linksextremismus | |
und islamischen Extremismus zu fördern. Unter dem Titel "Demokratie | |
stärken" sollen künftig fünf Millionen Euro jährlich in entsprechende | |
Programme fließen - so sie denn zu finden sind. Bisher gab es vier | |
Modellprojekte, die jeweils mit rund 100.000 Euro unterstützt wurden. | |
Kritiker sprechen vor allem den Projekten, die gegen vermeintlichen | |
Linksextremismus kämpfen, die sozialpädagogische und wissenschaftliche | |
Grundlage ab. | |
Die Grünen fordern, die Programme gegen Extremismus auf 50 Millionen Euro | |
jährlich auszuweiten und den Fokus auf Rechtsextremismus zu legen. Die | |
Ausweitung auf Linksextremismus verharmlose Menschenfeindlichkeit in der | |
Mitte der Gesellschaft. | |
6 Oct 2010 | |
## AUTOREN | |
Paul Wrusch | |
## TAGS | |
Junge Freiheit | |
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