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# taz.de -- Proteste mit gefälschter Anzeige: Guerilla made in Stuttgart
> In einer ganzseitigen Fake-Anzeige äußerten sich angeblich
> Großunternehmen wie Eon, RWE und EnBW gegen das Projekt "Stuttgart 21".
> Nun gibt es deswegen Strafanzeigen.
Bild: Proteste: Kommunikation kennt kaum Grenzen.
STUTTGART taz | Stephan Keck hat nicht nur einen kecken Namen, sondern nun
auch ein Problem. Was genau hinter der Geschichte steckt, das ist noch
nicht ganz klar, aber eines zumindest steht fest: Entweder sind in
Stuttgart gewiefte Kommunikationsguerilleros am Werke – oder ein
Geschäftsmann, der das Maß verloren hat.
Glaubt man der ganzseitigen Anzeige im Stuttgarter Stadtanzeiger, dann ist
der Unternehmer aus der Gemeinde Engelsbrand bei Pforzheim und angebliches
Mitglied im CDU-Wirtschaftsrat einer der erbittertsten Feinde von
Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU). Oder er ist das
Opfer einer Kampagne, die mit allen Mitteln gegen das umstrittene
Großbauprojekt Stuttgart 21 kämpft.
In dem "Offenen Brief", der am Mittwoch frei Haus mit einer Auflage von
826.000 Exemplaren unters Volk gebracht wurde, wendet sich ein Mann namens
Stephan Keck empört an den Baden-Württembergischen Ministerpräsidenten.
"Selbst als Befürworter des Projekts 'Stuttgart 21' müsste man Ihr
Auftreten und Verhalten zutiefst verurteilen", heißt es da. Und: "Es ist
völlig unvertretbar, dass ein Ministerpräsident die Polizei zur Gewalt
gegen die eigenen Bürger / das eigene Volk aufruft." Unter der prominenten
Anzeige in neongelb steht: "Diese Veröffentlichung wurde finanziell
unterstützt" – und es folgen all die großen Namen – von RWE-Chef Jürgen
Großmann, Vattenfall-Boss Tuomo Hatakka, Daimler-Gesicht Dieter Zetsche und
zahlreichen anderen Personen der deutschen Großindustrie.
Seriös wirkt sie, weil sie unterschrieben ist mit dem Firmenlogo von "SK
Service und Consulting" in Engelsbrand, mit dem Namen von Stephan Keck. Ihn
und die Firma gibt es tatsächlich – und auf die Zeitungsanzeige folgen nun
etliche Strafanzeigen und ein ominöser Kleinkrieg.
Denn während der 36-jährige Stephan Keck sich als das Opfer einer üblen
Kampagne sieht, glaubt der Stadtanzeiger, dem Geschäftsmann nachweisen zu
können, dass es tatsächlich er war, der die Anzeige in Auftrag gab. Den
Stuttgarter Nachrichten teilte das Anzeigenblatt mit, dass es "rechtliche
Schritte gegen Herrn Keck einleiten" werde. E-Mailadresse und
Telefonkontakte seien eindeutig Keck zuzuordnen. Dem Blatt droht, auf den
Kosten für die Anzeige sitzen zu bleiben.
Auch von anderer Front hagelt es Gegenwehr. Sowohl Dieter Zetsche
dementierte eine Beteiligung als auch der ebenfalls genannte
EnBW-Vorstandschef Hans-Peter Villis und viele andere. Der Stuttgarter
Messe-Chef Ulrich Kromer von Baerle kündigte eine Strafanzeige wegen
Verleumdung an. Aus Reihen der CDU wird auf angeblich dubioses
Geschäftsgebahren des Mannes verwiesen.
Das ist viel harter Tobak für einen Mann, der sich ausdrücklich von der
Anzeige distanzierte. Für die taz war Keck am Freitag nicht zu erreichen,
den Stuttgarter Nachrichten sagte er: "Ich habe mit den S-21-Gegnern
wirklich nichts zu tun." Er hat nun zum Gegenschlag ausgeholt und ebenfalls
rechtliche Schritte eingeleitet. Doch das vermeintliche Opfer der
irritierenden Anzeige hat dennoch Chuzpe. Laut Stuttgarter Nachrichten
sagte er auch: "Der, der das gemacht hat, der hat es schon drauf." Und: Mit
dem Inhalt der Anzeige sei er einverstanden. Das nennt sich
Kommunikationsguerilla made in Stuttgart. Keiner weiß bescheid, doch alle
reden drüber. Und dann ermittelt auch die Staatsanwaltschaft.
8 Oct 2010
## AUTOREN
Martin Kaul
## TAGS
Schwerpunkt Stuttgart 21
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