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# taz.de -- Streik gegen Rentenreform: Widerstand in Frankreich wächst
> Massenproteste gegen die Pläne der Regierung von Präsident Sarkozy - auch
> viele Schüler und Studenten sind dabei. Gewerkschaften kündigen
> unbefristeten Streik an.
Bild: Massenprotest gegen die Rentenreform der französischen Regierung, hier d…
PARIS taz | Bereits zum vierten Mal seit der Sommerpause streikten und
demonstrierten gestern wieder Hunderttausende in Frankreich gegen die
Erhöhung des gesetzlichen Ruhestandsalters von 60 auf 62, der Altersgrenze
für ein Anrecht auf eine Vollpension von 65 auf 67 Jahre sowie die
Verlängerung der Beitragsdauer auf 41,5 Jahre. Entgegen so manchen
Prognosen bleibt die Mobilisierung der Gewerkschaften ungebrochen stark.
Bei der staatlichen Bahngesellschaft SNCF streikten laut Direktion 40, laut
Gewerkschaften mehr als 53 Prozent des Bahnpersonals. Gestreikt wurde auch
in den Schulen, bei der Post und France Télécom, in der Energieversorgung,
in den Häfen und Raffinerien, beim öffentlichen Radio und Fernsehen sowie
in den Zeitungsdruckereien.
Vor allem aber bleibt es dieses Mal häufig nicht beim fast rituellen
24-Stunden-Protest. In zahlreichen Streikversammlungen wurde bereits die
Fortsetzung der Kampfaktionen beschlossen. Unter dem Druck ihrer zunehmend
wütenden Basis haben mehrere Gewerkschaftsführungen einen "unbefristet
verlängerbaren Streik" angekündigt.
Bei anhaltenden Streiks in den wichtigsten Ölraffinerien und Blockaden vor
großen Treibstofflagern ist laut Experten schon ab Mitte nächster Woche mit
ernsthaften Engpässen zu rechnen. Hamsterkäufe könnten die
Nachschubprobleme vergrößern, denn aus Angst vor einer drohenden Benzin-
und Dieselknappheit beeilen sich schon jetzt viele Konsumenten, ihren Tank
aufzufüllen.
"Es ist nicht unser Ziel, das Land lahmzulegen, aber falls es so weit
kommt, ist das die Schuld der Regierung, die nicht hören will", sagte
Bernard Thibault, der Chef der Gewerkschaft CGT. Er beruft sich auf die
Unterstützung durch die öffentliche Meinung. Laut Umfragen billigten rund
70 Prozent der Befragten die Radikalisierung am Dienstag.
Vielleicht haben Präsident Nicolas Sarkozy und seine Regierung den
Widerstand gegen ihre Rentenreformvorlage unterschätzt und zu optimistisch
auf den Abnutzungseffekt oder den Fatalismus der Bürger gesetzt. Dafür
bezahlen sie einen hohen politischen Preis.
Zum ersten Mal beteiligten sich sehr viele Schüler und Studierende an den
Kundgebungen. Laut dem Ministerium waren 300 Mittelschulen von
Protestaktionen betroffen. Allein in Paris blockierten junge Streikende
dreißig der hundert Gymnasien.
Schon seit letztem Donnerstag haben in zahlreichen Provinzstädten oft
tausende von Schülern gegen die Reform protestiert. "Es geht um unsere
Zukunft. Wenn sogar unsere Großväter und Großmütter länger arbeiten müsse…
gibt es noch weniger Stellen und Berufschancen für uns Junge", sagte ein
Schüler des Pariser Lycée Buffon der taz.
"Das ändert an unserer Entschlossenheit gar nichts", ließ gestern
Arbeitsminister Eric Woerth wissen. Die wichtigsten Artikel seiner Vorlage
sind schon vom Senat verabschiedet worden. Einen Kompromiss oder weitere
Konzessionen schließt er aus. Eine Kapitulation vor dem Druck der Straße
wäre für Präsident Sarkozy ein "politischer Selbstmord" , kommentierte Le
Figaro.
Auch wenn die Rentenreform am Ende ganz legal verabschiedet wird, bleibt
sie dennoch aus der Sicht der Gewerkschaften "illegitim", weil sie ohne
Dialog mit den Sozialpartnern und gegen die Volksmeinung durchgesetzt wird.
Mit einem maximalen Widerstand gegen diese Rentenreform wollen Sarkozys
Gegner zudem der Staatsführung jede Lust auf eine weitere Kraftprobe durch
Angriffe auf die "sozialen Errungenschaften" nehmen.
12 Oct 2010
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Arbeitskampf
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