# taz.de -- Werbebanner-Abofallen für Smartphones: Abzocke mit Apps | |
> Profiteure nutzen Werbebanner in iPhone- und Android-Anwendungen, um | |
> Nutzer mit wenigen Klicks in teure Abofallen zu locken. Und die | |
> Netzbetreiber stellen die Rechnung. | |
Bild: Ein Klick auf ein Werbebanner - und plötzlich hat man ungewollt ein neue… | |
Für moderne Smartphones gibt es zahllose kostenlose Anwendungen - vom Spiel | |
bis zum Infoangebot. Um diese finanzieren zu können, setzen die | |
Programmierer zunehmend auf Werbebanner. Das ist grundsätzlich nichts | |
schlechtes, erhalten Nutzer doch gegen Reklameansicht eine Leistung. Wer | |
auf einen solchen Banner klickt, landet dann beispielsweise auf der Website | |
des Werbetreibenden. | |
Allerdings mehren sich in letzter Zeit Berichte von Nutzern, denen nach | |
Einsatz einer kostenlosen "App" und dem (möglicherweise fehlerhaft | |
durchgeführten) Besuch einer per Banner beworbenen Seite ein teures | |
kostenpflichtiges Abo aufgedrückt wurde. Diese Seiten, die z.B. Klingeltöne | |
oder Hintergrundbilder versprechen, sind aufgebaut wie typische Abofallen: | |
Die Gebühren werden versteckt oder tauchen nur nach dem Durchlesen diverser | |
Browserseiten auf. | |
Mancher Betroffener erhält kurze Zeit nach dem Klick noch eine SMS, die | |
sehr werblich abgefasst ist und keinen genauen Hinweis darauf enthält, dass | |
man gerade ein Abo abgeschlossen hat. Der Schock kommt dann mit der | |
nächsten Mobilfunkrechnung, auf der der teure Dienst dann auftaucht: 4 Euro | |
pro Woche können das sein, manchmal sogar 3 Euro pro Tag. | |
Besonders unheimlich an der Sache: Wie kommt ein Abofallen-Geschäftemacher | |
an die Daten des Nutzers, um ihm überhaupt eine Rechnung stellen zu können? | |
Schließlich haben die Opfer nirgendwo ihre Telefonnummer eingetippt und | |
auch sonst keine Identifikationsmerkmale hinterlassen, wie sie stets | |
beteuern. | |
Des Rätsels Lösung hört auf den Namen "WAP-Billing", wie das | |
Computermagazin "c't" in seiner [1][aktuellen Ausgabe] schreibt. WAP, das | |
"Wireless Application Protocol", ist eine speziell für Handys optimierte | |
Variante der Web-Sprache HTML. Die Technik wurde ursprünglich entwickelt, | |
weil Mobiltelefonen die Fähigkeit fehlte, Internet-Angebote vollständig | |
darzustellen. Mittlerweile nutzt WAP fast niemand mehr, weil Smartphones | |
sehr leistungsfähig geworden sind. Trotzdem unterstützen auch moderne | |
Handys mit iPhone- oder Android-Betriebssystem die Uralt-Technik aus | |
Kompatibilitätsgründen noch. | |
Und genau hier wird es nun interessant: WAP enthält eine Funktion, die es | |
im Web so nicht gibt und die Abzocker für sich ausnutzen können. Mit der | |
Abfrage einer WAP-Seite wird nämlich automatisch die sogenannte MSISDN | |
mitgeschickt. Das ist eine weltweit eindeutige Nummer, die die SIM-Karte | |
des Nutzers identifiziert. Aus dieser MSISDN lässt sich wiederum die | |
Rufnummer des Nutzers machen - beziehungsweise über den Netzbetreiber | |
sofort der Bezahlvorgang (auf Englisch: Billing) einleiten. | |
WAP-Billing funktioniert nur, wenn ein Content-Anbieter einen Vertrag mit | |
einem Netzbetreiber geschlossen hat oder einen sogenannten | |
Factoring-Dienstleister einsetzt, der über alle Netzbetreiber abrechnen | |
kann und dafür dann einen Anteil nimmt. Und genau hier scheint es | |
Unternehmen zu geben, die die Seriosität ihrer Kunden nicht intensiv genug | |
prüfen. | |
Ist man einmal in eine solche Abofalle getappt, lässt sich das nur schwer | |
wieder rückgängig machen. Wer sich weigert, den Betrag zu bezahlen, | |
riskiert die Sperrung seines kompletten Telefonanschlusses. Die | |
Netzbetreiber verweisen dabei stets auf die "Content-Anbieter", also die | |
Hintermänner der Abofallen, mit denen man sich im Falle einer strittigen | |
Zahlung auseinandersetzen soll. | |
T-Mobile & Co. verstehen sich also nur als reine Geldeinzieher, die | |
WAP-Billing darüber hinaus auch noch als besonders zukunftsweisend ansehen. | |
"Die Abrechnung von Inhalten und Diensten im mobilen Internet über die | |
Rechnung des Netzbetreibers ist ein stark wachsender, innovativer Markt", | |
so ein Konzernsprecher der Telekom gegenüber "c't". Dabei komme man nur | |
"den Wünschen der Kunden nach werthaltigen, mobilen Services" entgegen. | |
Besonders problematisch bei alledem ist, dass sich WAP-Billing nicht | |
grundsätzlich bei allen Netzbetreibern sperren lässt. Während T-Mobile und | |
Vodafone dies auf Anfrage immerhin kostenlos durchführen, ist bei E-Plus | |
laut "c't" nur möglich, einzelne Anbieter zu blockieren, die der Nutzer | |
vorab aber wohl kaum kennen kann. Bei O2 fehlt laut dem Bericht die | |
Möglichkeit der Sperrung derzeit noch komplett. | |
Unterdessen interessieren sich auch Datenschützer für WAP-Billing: Sie | |
gehen davon aus, dass das Übertragen der höchst sensiblen MSISDN via WAP | |
möglicherweise illegal sein könnte, also dem deutschen Datenschutzrecht | |
widerspricht. Schließlich erteilt ein Nutzer an keiner Stelle seine | |
explizite Einwilligung, dass derart persönliche Informationen an | |
irgendwelche fremden Dienstleister übermittelt werden. | |
18 Oct 2010 | |
## LINKS | |
[1] http://www.heise.de/ct/artikel/Inkasso-auf-Fingertipp-1102753.html | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
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