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# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Guinea: Gewaltausbruch nach Absage
> Die Stichwahl um das Präsidentenamt ist erneut verschoben – auf
> unbestimmte Zeit. Mysteriös ist auch eine Massenvergiftung unter den
> Anhängern des zweitplatzierten Kandidaten Condé.
Bild: Condé-Anhänger auf der Abschlusskundgebung am Freitag.
In Guinea droht nach der überraschenden Absage der Stichwahl um das
Präsidentenamt, die am Sonntag hätte stattfinden sollen, ein Bürgerkrieg.
Wütende Anhänger des aus Guineas Demokratiebeweung stammenden
zweitplazierten Präsidentschaftskandidaten Alpha Condé sind in mehreren
Städten gegen Angehörige des Peul-Volkes vorgegangen, die größte Ethnie
Guineas, aus der der Gegenkandidat Cellou Dallein Diallo kommt.
In der Stadt Siguiri, eine Hochburg Condés, dauerten blutige
Auseinandersetzungen am Samstag an. In der Stadt Nzérékoré nahe der Grenze
zu Liberia wurden am Samstagabend schwere Schießereien gemeldet. Am
Freitagabend war es bereits in Guineas Hauptstadt Conakry zu
Ausschreitungen gekommen.
Guineas Wahlkommission hatte am späten Freitag die für Sonntag geplante
Stichwahl um das Präsidentenamt verschoben, ohne eine neuen Termin zu
nennen. Als Grund nannte der erst wenige Tage zuvor ernannte neue
Wahlkommissionschef, General Siaka Toumany Sangaré aus Mali, unvollendete
technische Vorbereitungen sowie Unklarheiten über die Wahllisten.
Die Stichwahl gilt als letzter Schritt zur Demokratisierung Guineas, das
seit der Unabhängigkeit 1958 noch nie wirklich freie Wahlen erlebt hat. Sie
wurde bereits im September einmal verschoben. Aus der ersten Wahlrunde im
Juni war Cellou Dallein Diallo, der eher dem Wirtschaftsestablishment
Guineas zuzurechnen ist, mit 43 Prozent als klarer Sieger hervorgegangen,
gefolgt vom einst inhaftierten früheren Oppositionellen Alpha Condé mit 18
Prozent.
In letzter Zeit hatte es Kontroversen um die Arbeit der Wahlkommission
gegeben. Auf Cellous Druck wurde der bisherige Wahlkommissionschef Louncény
Camara am vergangenen Dienstag abgesetzt und durch den malischen General
Sangaré ersetzt. Camara wurde am Freitag in einem Schnellverfahren wegen
Betrugs zu einem Jahr Gefängnis verurteilt und kurz darauf wurde der
Wahltermin abgesagt.
Die Stimmung auf beiden Seiten ist nicht nur deswegen aufgeheizt. Am
Donnerstag hatte erst Cellou, am Freitag schließlich Condé seine große
Abschlusskundgebung in der Hauptstadt Conakry abgehalten. Am Rande des
Condé-Aufmarsches wurden mehrere hundert seiner Anhänger mit
Vergiftungserscheinungen in Krankenhäuser eingeliefert.
Wie guineische Medien berichten, hatten die Vergifteten nach stundenlangem
Warten in der heißen Sonne offenbar verunreinigtes Wasser getrunken, wie es
von Straßenhändlern überall in Westafrika in kleinen durchsichtigen
Plastiksachets verkauft wird. Nun liegen nach unterschiedlichen Berichten
zwischen einigen Dutzend und 337 Menschen mit teils lebensbedrohlichen
Symptomen in Conakrys Kliniken, vier sollen bereits gestorben sein.
Es wird behauptet, das Wasser sei mit Säure versetzt gewesen, die in die
Plastikbeutel hineingespritzt worden sei. Inzwischen gehen auch Gerüchte
über vergiftetes Brot und andere Lebensmittel um. Da viele Händler in
Guinea Peul sind, also der Ethnie des Präsidentschaftskandidaten Cellou
angehören, nähren diese Gerüchte ethnisches und politisches Misstrauen:
Condés Militante sind überzeugt, die Gegenseite wolle sie umbringen, und
greifen im Gegenzug selbst gegen Peul zu den Waffen.
In Internet-Foren ist seitens der Condés Anhängern zu lesen, Cellous Peul
wollten wohl Guinea in den Krieg stürzen und sich dann in die Nachbarländer
Senegal und Mali zurückzuziehen, wo sie ja eigentlich herkämen. Keine gute
Voraussetzung für eine friedliche Vollendung von Guineas Wahl.
24 Oct 2010
## AUTOREN
Dominic Johnson
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