# taz.de -- Erdbebenfolgen in Haiti: Cholera fordert mehr als 200 Opfer | |
> Die Cholera-Seuche bewegt sich vom Nordwesten des Landes auf die | |
> Hauptstadt Port-au-Prince zu. Mehr als 3.000 Menschen sind bereits | |
> infiziert. | |
Bild: Das letzte Geleit: ein Cholera-Toter in Haiti wird bestattet. | |
Die Cholera-Epidemie in Haiti hat am Sonntag auch Port-au-Prince erreicht. | |
Nach Angaben des UN-Büros zur Koordinierung der humanitären Hilfe (Ocha) | |
kam es zu fünf Todesfällen in der dicht bevölkerten Hauptstadt. | |
Im Nordwesten von Haiti, wo die gefährliche Infektionskrankheit | |
ausgebrochen war, zählten die Behörden bereits 220 Tote. "Wir erwarten aber | |
weitaus mehr", sagte Michelle Avocat vom Gesundheitsministerium. Rund 3.000 | |
Infizierte werden zurzeit behandelt. Der Erreger sei extrem aggressiv, so | |
dass man davon ausgehe, dass rund 10 Prozent der Patienten sterben würden. | |
Die Todesopfer in der Hauptstadt waren erst kurz zuvor aus dem Nordwesten | |
gekommen. | |
Schwerpunkt der Epidemie ist die Provinz Artibonite. Dort ist die Krankheit | |
vor allem entlang des Flusses Saint Marc aufgetreten. Die Behörden gehen | |
davon aus, dass sein Wasser mit dem Erreger verseucht ist. Normalerweise | |
ist die Provinz Artibonite für haitianische Verhältnisse dünn besiedelt. | |
Derzeit aber wohnen dort tausende von Flüchtlingen, die nach dem schweren | |
Erdbeben vom 12. Januar im Großraum der Hauptstadt Port-au-Prince zu | |
Verwandten aufs Land gezogen sind. | |
Bei dem Erdbeben waren nach offiziellen Angaben 230.000 Menschen ums Leben | |
gekommen, rund zwei Millionen wurden obdachlos. Entlang des Flusses Saint | |
Marc wohnen heute rund 150.000 Menschen. | |
Die Behörden in Haiti befürchten nun ein Übergreifen der Epidemie auf die | |
Zeltstädte von Port-au-Prince, in denen rund 1,5 Millionen Menschen unter | |
prekären hygienischen Bedingungen leben. "Es ist nahezu unmöglich, ein | |
Ausbreiten der Seuche zu verhindern", sagte Michel Thieren, Haiti-Chef der | |
Panamerikanischen Gesundheitsorganisation. Die Weltgesundheitsorganisation | |
schließt ein Übergreifen der Epidemie auf die benachbarte Dominikanische | |
Republik nicht aus. | |
Cholera verursacht heftige Durchfälle und Erbrechen. Bei Patienten, die | |
nicht sofort behandelt werden, kann der Flüssigkeitsverlust innerhalb | |
weniger Stunden zu einem Herzstillstand führen. Die Krankheit wird durch | |
den Kontakt mit Exkrementen oder mit damit verseuchtem Wasser übertragen. | |
Hilfsorganisationen in den Zeltstädten von Port-au-Prince sind deshalb | |
fieberhaft dabei, die Zahl der Latrinen zu erhöhen, die Jauchegruben öfter | |
zu leeren und Waschbecken mit Seife in die Nähe der Abtritte zu | |
installieren. | |
Die Karibik galt in den vergangenen Jahrzehnten als frei von Cholera. Die | |
Krankheit ist in dieser Region zuletzt vor 50 Jahren aufgetreten. | |
24 Oct 2010 | |
## AUTOREN | |
Toni Keppeler | |
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