# taz.de -- Akw-Laufzeiten und der Ökofonds: Verfassungswidrige Konstruktion | |
> Mit dem Ökofonds will die Regierung die Laufzeitverlängerung schmackhaft | |
> machen. Doch Gutachter halten dessen Konstruktion für verfassungswidrig. | |
Bild: Windräder zu Atommeilern stellen, das ist die Strategie der Koalition. | |
BERLIN taz | Am heutigen Donnerstag entscheidet der Bundestag über das | |
Atom- und Energiekonzept der schwarz-gelben Bundesregierung und damit über | |
die vorgesehene Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke. Dieser will die | |
Bundesregierung mit einem Ökofonds ein grünes Mäntelchen umhängen: Die | |
Atomkonzerne zahlen einen Teil ihrer Zusatzgewinne dort ein - mit dem Geld | |
sollen dann erneuerbare Energien gefördert werden. | |
Rechtswissenschaftler bezweifeln, dass eine solche Konstruktion mit der | |
Finanzverfassung in Einklang steht, also rechtlich überhaupt möglich ist. | |
So kommt der Rechtsprofessor Christian Waldhoff von der Universität Bonn in | |
einem Gutachten zu dem Schluss, dass allein die Einführung einer | |
Brennelementesteuer verfassungskonform ist, | |
Das Gutachten, das der taz vorliegt, hatte Waldhoff eigens im Auftrag des | |
Umweltministeriums erstellt. Trotzdem scheint die Bundesregierung die | |
Bedenken des Experten nun ignoriert zu haben. | |
Das Kernproblem: Der Staat finanziert sich vor allem über Steuern. | |
"Gleichwohl kennt die Rechtsordnung schon seit langem auch nichtsteuerliche | |
Abgaben wie insbesondere Gebühren, Beiträge und Sonderabgaben", heißt es in | |
dem Gutachten. Diese bedürften jedoch stets einer besonderen | |
Rechtfertigung. | |
Waldhoff geht [1][die Möglichkeiten im Detail durch] und kommt schließlich | |
bei jeder Abgabenart zur gleichen Bewertung: verfassungswidrig. So steht am | |
Ende zusammengefasst das deutliche Ergebnis: "Keine verfassungskonforme | |
Möglichkeit der Abschöpfung von Sondergewinnen von Kernkraftwerken aus | |
einer Laufzeitverlängerung." | |
Auch andere Finanzrechtsexperten teilen die Zweifel. Dass bisher niemand | |
stärker auf dieses Problem eingegangen ist, führt der Finanzrechtler Hanno | |
Kube von der Uni Mainz auf die komplexe Thematik zurück. | |
Finanzverfassungsrecht spiele häufig eine wichtige Rolle, werde aber in | |
seinen Anforderungen ebenso häufig vernachlässigt, weil es schwierige | |
Abgrenzungsfragen mit sich bringt. | |
Das Bundesumweltministerium verwies eine taz-Anfrage weiter an das | |
Finanzministerium. Dort sieht man keine rechtlichen Probleme. "Die | |
Vereinnahmung privater Zuwendungen zur Mitfinanzierung von Bundesaufgaben | |
durch den Bund ist zulässig", sagte ein Ministeriumssprecher. Die | |
Bundesregierung werde vom Parlament ermächtigt, einen Vertrag mit den | |
Energieversorgungsunternehmen abzuschließen und Zahlungen der Unternehmen | |
zu vereinnahmen. "Dabei wird es sich um staatliche Einnahmen eigener Art | |
handeln." | |
28 Oct 2010 | |
## LINKS | |
[1] /1/zukunft/umwelt/artikel/1/kein-guter-grund/ | |
## AUTOREN | |
Nadine Michel | |
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